Rezension

Herrlich fürchterlich

Immernacht - Ross Mackenzie

Immernacht
von Ross Mackenzie

Bewertet mit 4.5 Sternen

Eine wunderbar düstere Geschichte für junge Fantasy-Freunde.

Lara lebt davon, dass sie in den Abwasserkanälen Dinge findet, die sie zu Geld machen kann. Müllsucher wie sie werden nicht reich und nur selten satt. Hehler wie der alte Hans schon. Die ganz großen Schwierigkeiten beginnen jedoch erst, als Lara eines Tages ein seltsames Kästchen im Abwasser findet.

Die teuflische Beraterin des Königs mit dem harmlosen Namen Mrs Hester benötigt genau dieses Artefakt. Voreilig hat sie die Immernacht ausgelöst, jetzt kann sie die Zeitenwende ins Böse nur mithilfe des Untergangszaubers unter Kontrolle bringen, und der ist in dem Kästchen. Hilfe erhält sie von ihrem willenlosen Diener Schattenjack, einem Dschinn, der für die herrlich furchterregenden Momente sorgt, wenn er seinen Gegnern die Seele raubt, wobei er jedesmal beim Leser einen vortrefflichen Grusel im Kopf inszeniert.

Der Autor webt seine Geschichte aus erstklassigem Material: einer Heldin, die sprichwörtlich von ganz unten kommt, einem Hehler, der selbst die Schwächsten zu seinem Vorteil täuscht und ausnutzt, einem weiblichen Bösewicht mit Alters- und Verfallsproblemen und einem tragischen Dschinn, der sich stets den Ambitionen anderer unterwerfen muss. Die Kirsche auf der Torte ist der dekadente und dümmliche König, der von alledem nichts mitbekommt.

Schwächen entwickelt das Buch allerdings, wenn Lara, die Müllsucherin, sich zu einer Magierin mit Mission wandelt. Danach nehmen die Figuren überhand, die für das Gute stehen. Damit kippt die Stimmung und die Geschichte verliert in Teilen ihre reizvolle Melancholie.

„Immerwald“ ist trotzdem eine ganz wunderbar düstere Geschichte für junge Fantasy-Freunde, die zu lesen es auf ganzer Linie lohnt.