Rezension

Gut recherchiert, mäßig umgesetzt

Die Architektin von New York -

Die Architektin von New York
von Petra Hucke

Bewertet mit 3 Sternen

Dies ist der zweite Roman, den ich zu der Frau, die mithalf, die brücke von Manhattan nach Brooklyn zu bauen, gelesen habe. Obwohl das Thema mir bekannt war, habe ich mich auf die Lektüre gefreut und war zu Beginn begeistert von den vielen Charakteren, die so frisch und authentisch geschildert werden. Leider ist das im weiteren Verlauf immer mehr erschlafft.

 

Gut recherchiert und aufgearbeitet

Die Figur von Emily Roebling ist nicht fiktiv, sie hat existiert und insbesondere über ihre späteren Jahre ist durch Briefwechsel und andere Quellen ein wenig bekannt. Wie viel sie tatsächlich in den Bau der Brooklyn Bridge involviert war, ist unklar, doch genau das macht den Reiz eines fiktiven Romans aus. Von Beginn an bekommt der Leser hier das Gefühl, hautnah beim Bau dazu zu sein. Ohne dass man Architektur oder Ingenieurwesen studiert haben muss, bekommt man Grundwissen vermittelt und wächst gemeinsam mit Emily an der Aufgabe.

Während die Brücke Stück für Stück wächst, sehen wir zudem auch das Leben in New York zum Ende des 19. Jahrhunderts. Wie leichtfertig mit Tod auf der Baustelle umgegangen wird, ist ebenso einfühlsam dargestellt wie der Kampf um das Frauenwahlrecht und die Unterschiede zwischen den sehr reichen und den sehr armen Bewohnern von Manhattan und Brooklyn. Die Grundlage dieses historischen Romans ist mehr als solide.

 

Charaktere ohne eigene Handlungsmotivation

Leider leiden die Charaktere zunehmend darunter, dass im Fokus die Brücke steht. Nicht nur wirft der Bau einen Schatten auf die Ehe von Emily und Washington, sie rücken zudem selbst immer mehr in den Hintergrund. Egal, was die beiden tun, der Bau der Brücke schreitet fort. Sie liefern zwar regelmäßig Berechnungen und Berichte, besichtigen die Baustelle und sprechen mit Sponsoren, doch nie scheint es so, als wäre das, was sie tun, wirklich bedeutend für den Fortgang des Baus.

Zudem wird der Bau der Brücke auch schnell zu einem Zwang. Zunächst will der Sohn die Brücke bauen, weil sein Vater es tun wollte, dann will die Ehefrau die Brücke bauen, weil ihr Ehemann es wollte. Dass diese Charaktere das auch selbst wollen oder warum, scheint beinahe nebensächlich. Und obwohl das Schicksal der kleinen Familie berührend und tragisch ist, fehlt doch emotionale Tiefe, um als Leser wirklich mitzufiebern. Emily und Washington werden mehr und mehr zu Zuschauern, während der Bau der Brücke in mehr und mehr Details geschildert wird.

Daraus ergibt sich ein hochspannendes Buch über das Brückenbauen, das aber als Geschichte, die uns das Leben von Menschen erzählen will, nicht gut funktioniert. Das ist schade, denn ich habe bei jeder Zeile gespürt, wie viel Herz die Autorin in ihre Recherche gesteckt hat.

 

Fazit

Mit dem historischen Roman „Die Architektin von New York“ gelingt es Petra Hucke, eindrucksvoll den Bau der Brooklyn Bridge zu schildern und den historischen Kontext greifbar aufleben zu lassen. Leider bleiben die Charaktere und ihre Entwicklung dahinter zurück, so dass echte Spannung und emotionale Involviertheit fehlen. So sehr mir der Schreibstil und das Material selbst gefallen haben, so wenig konnte mich das Buch am Ende als Geschichte überzeugen.