Rezension

Großartig

Die Wahrheit über Alice
von Rebecca James

Bewertet mit 5 Sternen

“Die Wahrheit über Alice” habe ich schon lange im Bücherregal stehen, nur leider habe ich es bis vor kurzer Zeit nicht sonderlich beachtet, wofür ich mich im Nachhinein sonstwo hintreten könnte. Nun, wo ich es endlich gelesen habe, bin ich zutiefst begeistert und möchte es jedem Leser ans Herz legen.

Rebecca James hat einen unglaublich intensiven und schönen Schreibstil, sodass es mir sehr leicht fiel, in die Geschichte hineinzufinden und ich war direkt auf den ersten Seiten von der Sprache begeistert. Die Geschichte hat mich oftmals schockiert, aber auch zum Lachen und nachdenken gebracht. Die einzelnen Situationen werden sehr ausführlich und intensiv beschrieben, sodass ich stets das Gefühl hatte, ein Teil der Geschichte zu sein. Vor allem Katherine ist mir sehr ans Herz gewachsen und ich habe es sehr genossen, an ihrem Leben teilhaben zu dürfen.

Erzählt wird die Geschichte aus ihrer Sicht in drei Teilen: Die Zeit, in der ihre Schwester Rachel noch lebt, die Zeit, in der Katherine mit Alice ihre Zeit verbringt und einmal die Gegenwart, ca. fünf Jahre nach den Ereignissen. Obwohl “Die Wahrheit über Alice” oftmals als ein Jugendbuch genannt wird, so ist dies kein typisches Buch aus dem Genre, denn es ist auch gleichzeitig ein Thriller und bestens für ältere Leser geeignet.

Die Charaktere sind der Autorin sehr gelungen und ich habe es tatsächlich geschafft, sämtliche Charaktere (bis auf Alice) in mein Herz zu schließen. Das geschieht bei mir nur äußerst selten bei einem Buch, aber Rebecca James hat dies tatsächlich geschafft. Vor allem Katherine ist eine unglaublich interessante Person, die es dem Leser leicht macht, sie zu mögen. Durch die Ermordung ihrer Schwester ist sie ein anderer Mensch geworden. Früher war sie das Partygirl, heute ist sie eher zurückhaltend und es fällt ihr schwer, sich auf andere Menschen einzulassen. Durch Alice taut sie jedoch wieder auf und beginnt wieder zu leben. Dennoch gibt sie sich weiterhin die Schuld am Tod ihrer Schwester und verheimlicht ihre Familiengeschichte vor anderen Menschen. Alice und Robbie vertraut sie sich nach einer gewissen Zeit an, muss aber später feststellen, dass dies ein riesengroßer Fehler war, denn Alice ist nicht das freundliche und großzügige Mädchen, wie es zunächst scheint. Diese ist oftmals eiskalt und unberechenbar und ihr größter Spaß ist es, die Menschen untereinander auszuspielen, nur um hinterher das Unschuldslamm zu spielen. Robbie ist dagegen sehr sympathisch, aber leider viel zu naiv, denn er lässt sich immer wieder von Alice benutzen und hintergehen, obwohl er ahnt, was für eine Art Mensch sie in Wirklichkeit ist. Er hat mir oft sehr leid getan und ich hätte ihn am liebsten wachgerüttelt, aber leider musste ich mit ansehen, wie er immer mehr in sein Unglück läuft. Auch die Geschwister Mick und Philippa haben mir sehr gefallen, da sie stets zu Katherine halten und Mick und Katherine ein wirklich niedliches Paar abgeben. Dabei wird die Liebesgeschichte weder zu kitschig, noch zu aufgesetzt beschrieben, sondern sehr authentisch und sympathisch.

Die Autorin beschreibt eindringlich, was passieren kann, wenn man den falschen Personen vertraut und wie sehr nicht nur man selbst, sondern auch andere Menschen darunter leiden können. Plötzlich wird die beste Freundin zur schlimmsten Feindin und man muss als Leser hilflos zuschauen, wie Katherine immer mehr unter Alice leidet. Dazu wird aufgezeigt, wozu manche Menschen fähig sind, wenn sie auch nach Jahren unter ihrer Kindheit leiden und wie sie Menschen beschützen wollen, die deren Schutz überhaupt nicht verdient haben. Rebecca James hat es geschafft, mich nachdenklich zurückzulassen und dennoch habe ich eine ganze Menge aus der Geschichte mitnehmen können. Pass auf, wem du vertraust, öffne dich den Menschen nicht immer direkt und steh zu deiner Vergangenheit – auch wenn sie noch so grausam ist!

Einen klitzekleinen Kritikpunkt gibt es für das Ende, denn das war mir stellenweise zu emotionslos geschrieben. Wenn man bedenkt, was mit Alice und Mick geschieht, hätte man dem Ganzen mehr Zeit einräumen müssen. So wurde dies recht schnell abgearbeitet und ich hätte ein bisschen mehr Drama gut gefunden, denn so konnte ich gegen Ende leider nicht mehr so mitfühlen. Ansonsten gibt es aber so wie gar nichts zu kritisieren.

Das Cover ist wunderschön und passend. Alice sieht dabei sehr sinnlich, fast schon friedlich aus, was gar nicht zu ihrem echten Wesen passt, aber gut zu dem Mädchen, was sie sein möchte. Die Kurzbeschreibung ist ebenfalls gelungen, sodass man direkt Lust auf das Buch bekommt.

Insgesamt konnte mich “Die Wahrheit über Alice” begeistern, schockieren und zum Nachdenken anregen. Imposante Charaktere und ein interessanter Plot sorgten dafür, dass ich das Buch nur schwer aus der Hand nehmen konnte. Absolute Kauf- und Lessempfehlung.