Rezension

Gelungene Zeitreise, die Frankreich im 18. Jahrhundert lebendig werden lässt!

Die letzte Tochter von Versailles -

Die letzte Tochter von Versailles
von Eva Stachniak

Bewertet mit 5 Sternen

Ein ungewöhnlicher Blick auf Frankreich zur Zeit der Revolution

Aufgrund der besonderen Bedeutung der Französischen Revolution nicht nur für Frankreich, sondern auch für die historischen Entwicklungen in ganz Europa wird dieses Thema sowohl in Geschichtsbüchern, als auch in zahlreichen Romanen, Filmen und Serien aufgegriffen. Je nachdem aus welcher Perspektive die Ereignisse erzählt werden, erhält man immer wieder einen neuen Blick auf die Geschichte.

Insofern war ich unheimlich gespannt auf Eva Stachniaks „Die letzte Tochter von Versailles“, weil sie die Zeit von Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts aus Perspektive zweier Frauen erzählt, die schicksalsergeben und stark zugleich ihr Leben unter widrigsten Bedingungen gestalten müssen.

So wird zunächst die Geschichte der jungen Veronique aus Versailles erzählt, die aus ärmlichsten Verhältnissen stammend durch unvergleichliche Schönheit und Reinheit gekennzeichnet ist und deren Mutter deshalb nicht zögert, sie an den königlichen Hof zu verkaufen. Auch wenn Veronique davon ausgeht, dass sie von nun an als Dienstmagd ihre Mitgift verdienen soll, ahnt sie insgeheim, dass ihr schwierige Zeiten bevorstehen…

Tatsächlich kommt sie als neues „Vögelchen“ zu einer Zeit der „Verschiebung königlicher Lust“ an den Hof, in der der König Ludwig der XV. den Intrigen und Machtspielchen seiner Mätressen überdrüssig, nun ein neues „Beuteschema“ verfolgt, weswegen er sich unschuldige Mädchen wünscht, die zu ihm Aufblicken und ihm als Mann und nicht als König gefallen wollen. Und so kommt es zum Unvermeidlichen: Der König findet Gefallen an Veronique – bis sie schwanger wird und ihre Tochter Marie-Louise entbindet, die von da an bei königstreuen, loyalen Untertanen unterkommt und – Glück im Unglück – die Chance einer Ausbildung zur Hebamme ergreifen kann und schließlich den jungen Anwalt Pierre heiratet.   

Doch zeitgleich zu den dramatischen politischen und sozialen Veränderungen wird Marie-Louise am Vorabend der französischen Revolution von den Schatten ihrer Vergangenheit mit schwerwiegenden Folgen für ihre Zukunft eingeholt…

Nicht nur aufgrund dieser sehr unterschiedlichen Perspektiven, die sowohl das höfische als auch das bürgerliche Leben im sich wandelnden Frankreich im 18. Jahrhundert auf sehr eindrucksvolle Weise schildern, auch durch die gut recherchierten und beschriebenen Ereignisse und Orte war dieser Roman ein ganz besonderer Lesegenuss für mich.

Der Autorin ist es meiner Meinung nach sehr gut gelungen, die Atmosphäre dieser Zeit – mit ihren Gerüchen, Emotionen, gesellschaftlichen Konventionen und Zwängen einzufangen und mich dadurch wirklich dankbar werden zu lassen, dass wir heute in anderen Zeiten leben dürfen.

Insofern ist dieses Buch allen zu empfehlen, die vielperspektivische Bücher mögen und die sich gern literarisch in vergangene Zeiten und Orte reisen.