Rezension

Geduldsprobe

Die verschwundenen Studentinnen -

Die verschwundenen Studentinnen
von Alex Michaelides

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein überraschender Krimi, der aber zu lange braucht um Fahrt auf zu nehmen und sich am Ende zu sehr in seine Psychospielchen hineinsteigert.

Dieses Buch verlangt von seinen Lesern Geduld. Sie ihm zu geben, fiel mir nicht leicht. Der Autor bekam von mir keinen Vertrauensvorschuss, weil ich seinen vorherigen Krimi nicht gelesen hatte. Er konnte mich auch nicht mit einem Cliffhanger bei der Stange halten – da gab es keinen. Er schaffte es mich immer wieder zum Weiterlesen zu bewegen mit kurzen Kapiteln und einen Berg Ungereimtheiten, die ich dann doch auseinandersortiert haben wollte.

Problem Eins des Buches: Mariana ist eine schwierige Protagonistin. Sie ist viel zu sehr in ihrem eigenen Leid und ihrer Sicht auf die Welt gefangen. Sie ist Gruppentherapeutin, weil sie die nötige Empathie besitzt ihre Mitmenschen zu verstehen und gleichzeitig ist ihr Selbstbild viel zu verzerrt, um wirklich gut in ihrem Job zu sein. Damit steht die Protagonistin sich selbst und den Lesern bei den Nachforschungen zum Mordfall im Weg. Dazu kommen noch lange Ausführungen über Psychologie und griechische Mythologie.

Das macht die Geschichte langatmig. Die erste Hälfte beansprucht Mariana für sich, ihre Vergangenheit und ihr Leben. Der Fall wird erst einmal zurückgestellt und muss auch im späteren Verlauf der Geschichte immer wieder warten bis Mariana wieder aus ihren Erinnerungen und Gefühlen auftaucht. Das macht das Buch zu einer Geduldsprobe und raubt ihm an Spannung.

Da ist es gut, dass das Buch gut und in kurzen Kapiteln geschrieben ist. Das mildert das Gefühl ab, mich durch die Erzählung zu quälen. Außerdem schafft es der Autor so zu schreiben, dass jeder verdächtig wirkt ohne dass ich mich wirklich lange Zeit auf einen Hauptverdächtigen festlegen will. Jeder hat seine Geheimnisse und Abgründe. Manches scheint so offensichtlich, dass es unmöglich wahr sein kann, während andere Ding mich vollkommen unerwartet überraschen.

Was auch daran liegen könnte, dass es meiner Meinung nach zu konstruiert ist. Und damit kommen wir zu Problem Zwei: der Logik. Gerade das Ende des Buches lässt mich zwiegespalten zurück. Es ist absolut überraschend, aber auch nicht ganz realistisch. Am Schluss der Geschichte verhalten sich viele Figuren irrational und es wirkt alles etwas zu überdreht.

Somit ist das Buch aus meiner Sicht ein überraschender Krimi, der jedoch gerade zu Beginn zu viel Zeit braucht um Fahrt auf zu nehmen und sich am Ende zu sehr in seine Psychospielchen hineinsteigert. Alles in allen eine ziemliche Geduldsprobe, die sich nur halbwegs auszahlt.