Rezension

Fesselnde Geschichte über vier Generationen

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
von Alena Schröder

Bewertet mit 4.5 Sternen

Es geht um vier Frauen, verschollene Kunstwerke und deutsche Geschichte, gekonnt und fesselnd verwoben.

Hannahs Großmutter Evelyn erhält von einer israelischen Anwaltskanzlei die Mitteilung, dass möglicherweise Kunstwerke existieren, auf die sie einen Rechtsanspruch haben könnte, und bietet an, dem nachzugehen. Während Evelyn davon wenig wissen will, ist Hannah fasziniert und lässt sich auf die Suche ein, die auch einiges bisher Unbekannte über ihre Familie zutage bringt.

Alena Schröder beginnt die Geschichte von vier Frauen aus vier Generationen in der Jetztzeit, wechselt dann in die 20-er Jahre des letzten Jahrhunderts und stellt behutsam die Verbindung her. Wir dürfen Senta, Evelyns Mutter, in ihrer Entwicklung begleiten und ausgiebig kennen lernen, so wie später ihre Tochter, und erleben sie während der dramatischen Ereignisse in den Kriegsjahren. 

Das Grauen dieser Jahre, insbesondere die Verbrechen an den Juden, bilden einen wesentlichen Hintergrund der Geschichte. Es wird weitgehend ohne Brutalität transportiert, vielmehr in kleinen, emotionalen Gesten, und immer sehr persönlich, was die Ungeheuerlichkeiten auch ohne Ausformulierungen sehr nahe bringt. 

Der Schreibstil wirkt leicht, originelle Formulierungen sorgen für ein angenehmes Lesen. Ein wenig passt er sich den Zeiten an: Hannahs Gedanken drücken sich manchmal in heutiger Jugendsprache aus.

Hannah erfährt in dem Zeitraum ihrer Forschung eine Wandlung. Sie startet als an sich selbst zweifelnde Doktorandin, die sich in ihren Doktorvater verliebt und ansonsten an Kontakten spart. Die ihre Wohnung in ein aseptisches Weiß getaucht hat und darunter leidet, dass sie ihren Weg nicht erkennen kann. Doch auf der Suche nach den verschollenen Bildern findet sie nicht nur viel Wissenswertes über ihre Vorfahren, sondern ebenso über sich selbst heraus, was sie wachsen lässt und ihren Blick für die Zukunft öffnet.

Diesem Roman ist es gelungen, anhand der Provenienzforschung, über die übrigens einiges Interessante vermittelt wird, und der Menschen, die damit befasst sind, einen etwas anderen Blick in die deutsche Geschichte zu werfen.