Rezension

Fesselnd und unfassbar intensiv!

Schweig! -

Schweig!
von Judith Merchant

Bewertet mit 5 Sternen

Es ist lange her, dass ich beim Lesen eines Buches so oft „Das ist nicht dein Ernst!“ oder „Ne, oder?!“ gedacht habe. Gleich zu Beginn hat mich die Geschichte um die zwei unterschiedlichen Schwestern Esther und Sue in den Bann gezogen.
Es war spannend, fesselnd, aber auch verstörend zu lesen, wie die beiden miteinander umgehen, was sie von einander denken. Das hat mich beim Lesen teilweise völlig entsetzt und gleichzeitig fasziniert. Auch durch den tollen Schreibstil habe ich förmlich an den Seiten geklebt.

Esther möchte am Tag vor Heiligabend ihre Schwester Sue besuchen, die seit ihrer Trennung allein in einem großen Haus im Wald lebt und sich so ziemlich von allem Konsum losgesagt hat. Esther, anscheinend glücklich verheiratet und Mutter zweier Kinder, fühlt sich als ältere Schwester Sue gegenüber verantwortlich und möchte trotz ihren straff geplanten Weihnachtsvorbereitungen Sue ein Geschenk vorbeibringen. Eigentlich eine nette Geste, doch schnell wird klar, dass die Schwesternbeziehung vorsichtig ausgedrückt kompliziert ist.
Sue empfängt Esther sehr kühl und abweisend und ich habe geahnt, dass das Ganze nicht gut werden und enden kann.

Durch wechselnde Kapitel aus der jeweiligen ich Perspektive von Esther und Sue und der mangelnden Kontaktmöglichkeit nach außen, baut sich eine fast unerträgliche Spannung und Atmosphäre auf. Ich habe oft fassungslos gelesen, wie gehässig, manipulativ und übergriffig vor allem Esther agiert hat. Meine Antipathie und Sympathie hat ständig gewechselt. Sue, von ihrer Schwester mit dem eigentlichen Kosewort „Schnecke“ bedacht, steht ihrer Schwester in Gehässigkeiten und Gemeinheiten in nichts nach und ich wusste bald nicht mehr, wem ich glauben, vertrauen oder mögen konnte und wollte.
Das Wort Schnecke bekommt im Laufe der Geschichte noch mal eine ganz besondere Bedeutung und gerade am Ende lässt mich das beinahe erstarren.

Ich fand diese toxische Schwesternbeziehung sehr verstörend und beklemmend, durch weitere kurze Kapitel aus der Kindheit wurde mir einiges klar und ich habe besser nachvollziehen können, warum sich die Schwestern so entwickelt haben oder weiterentwickelt haben.
Sehr spannend fand ich auch die Kapitel von Martin, Esthers Ehemann, sie haben für mich noch mal einiges auf den Kopf gestellt und gleichzeitig etwas zusammengefügt, einfach unglaublich!

Zum Ende hin spitzt sich die Lage noch mal zu, es kommt zur Katastrophe und ich habe das Buch so gar nicht aus der Hand legen können!
Und dann erst der Epilog ein Jahr später! Ebenfalls am bedeutsamen Weihnachten. Ich war zunächst sprachlos, verblüfft und irritiert und dann hat mich das Szenario erschaudern lassen. Und es bereitet mir jetzt noch pure Gänsehaut.

Ein absolut spannendes und intensives, großartiges Buch, das mich völlig begeistert hat und ich sehr gerne weiter empfehle!