Rezension

Faszinierend und erschütternd - die wahre Geschichte des Roger Casement

Der Traum des Kelten - Mario Vargas Llosa

Der Traum des Kelten
von Mario Vargas Llosa

Im Sommer 1916 sitzt Roger Casement in der Todeszelle eines Londoner Gefängnisses und reflektiert sein Leben; es war ein außergewöhnlich bewegtes:

 

Mit 19 Jahren reist Casement zum ersten Mal in den belgischen Teil des Kongo, um dort für eine britische Handelsgesellschaft zu arbeiten. Casement erlebt, wie grausam die europäischen Kolonialisten die einheimische Bevölkerung behandeln. Er verlässt das Land zunächst, kehrt aber wenige Jahre später zurück, um im Auftrag der britischen Regierung Folter und Mord an den Kongolesen zu dokumentieren. Sein Bericht sorgt für großes Aufsehen und leitet zumindest kleine Verbesserungen ein. Später entsendet ihn Großbritannien in das Amazonasgebiet, um dort Gerüchten über Misshandlungen an Indios durch ein peruanisch-britisches Kautschuk-Unternehmen nachzugehen.

Gesundheitlich angeschlagen und der Reisen nach Übersee überdrüssig, kehrt Casement zurück nach Irland, wo er geboren wurde. Seinen Kampf gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung gibt er trotzdem nicht auf. Er versucht mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Unabhängigkeit seines Heimatlandes zu erreichen.

 

Was sich liest, wie ausgedacht, ist tatsächlich so geschehen. Roger Casement gab es wirklich und Mario Vargas Llosa hat seine Geschichte, selbstredend mit den Freiheiten des Romanciers, aufgeschrieben.

Ihm ist ein Buch gelungen, dass ebenso erschüttert wie fasziniert. Es erschüttert, weil die Grausamkeiten, die er beschreibt unfassbar sind und in der Seele schmerzen. Und es fasziniert, weil Casement sein Leben fast vollkommen dem Kampf gegen diese Grausamkeiten, gegen die Ungerechtigkeiten der Welt, widmete. Er war ein Idealist, der es schaffte, das Leben ein wenig gerechter werden zu lassen.

"Der Traum des Kelten" ist ein zutiefst menschliches Buch, das die Spanne zwischen Gut und Böse ausleuchtet, mit allen vorhandenen Facetten. Denn Casement ist bei allem Guten, das er erreichen möchte und erreicht, eine zwiespältige Person, die mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen hat.

 

Ein ausgesprochen lesenswertes Buch also, nicht zuletzt weil Vargas Llosa einer der besten zeitgenössischen Erzähler ist, dessen intensive Sprachkraft den Leser von der ersten Seite an fesselt.

 

Wer nach Ende der Lektüre noch mehr über die Geschichte des Kongo erfahren möchte, dem sei an dieser Stelle noch das Buch von David van Reybrouck "Kongo" ans Herz gelegt. Ein hervorragendes Sachbuch über die Geschichte des Kongo, auf das sich Vargas Llosa im Anhang ausdrücklich bezieht.