Rezension

Etwas distanziert aber ehrlich und voller Wärme

Was bleibt, wenn wir sterben -

Was bleibt, wenn wir sterben
von Louise Brown

Bewertet mit 4 Sternen

Was bleibt ist die Erinnerung

„Man kann nicht um die Trauer herumgehen, man kann nur mit ihr oder durch sie hindurchgehen.“

Inhalt

Louise Brown war Journalistin, bevor sie durch den Tod ihrer Eltern in kurzer Folge zu ihrer Passion als Trauerrednerin fand und nun für andere Trauernde die Abschiedsreden schreibt und hält. In diesem Buch verarbeitet sie nun ihre vielfältigen Erfahrungen, die sie durch Gespräche, Gedanken und eigenes Erleben gesammelt hat und teilt sie mit dem geneigten Leser.

Meinung

Die Thematik des Sterbens, Trauerns und Abschiednehmens spricht mich persönlich immer sehr an, ich habe schon zahlreiche Bücher aus dieser Kategorie gelesen, egal ob es sich dabei um Romane handelt oder wie hier, um ein eher objektives Sachbuch. Auf gut 200 Seiten beschreibt die Autorin hier einerseits sehr persönliche Gefühle und Alltäglichkeiten, die sie im Zusammenhang mit ihrer eigenen Trauerbewältigung erlebt hat und gibt andererseits durch kurze Episoden aus dem Leben der Menschen, für die sie die Trauerrede geschrieben hat, einige allgemeingültige Aussagen und Erkenntnisse wieder.

Dieses Buch weckt eher das Verständnis für die Trauernden und deren kleine Wünsche während des schmerzlichen Prozesses der Trauerverarbeitung, welcher mit der Beerdigung längst nicht abgeschlossen ist, selbst wenn dieser Höhepunkt einen ersten Meilenstein auf dem letzten Weg manifestiert. Zwischen den Zeilen überwiegt eindeutig die Zuversicht und das Verständnis dafür, dass jeder Mensch anders trauert und unterschiedlich lange braucht, bis er wieder auf dem eigenen Lebensweg ist und beginnt weiterzuleben, selbst wenn es diesmal kein Neuanfang im herkömmlichen Sinne ist, sondern vielleicht nur eine Lebensbiegung, die man gezwungen ist, zu nehmen.

Dadurch das dieser Ratgeber in viele kleine Kapitel unterteilt ist, kann man ihn auch gut stückchenweise lesen oder in einer beliebigen Reihenfolge. Jeder Abschnitt regt zu eigenen Gedankengängen an und eröffnet die Möglichkeit, sich vielleicht schon zu Lebzeiten mit dem eigenen Lebensende reflektierend auseinanderzusetzen und bestimmte Wünsche oder Abneigungen zu formulieren. Sehr interessant fand ich z.B. den Vergleich mit der Geburt, die oftmals geplant, ja gefeiert wird und bei der die werdenden Eltern nur wenig dem Zufall überlassen möchten, während kaum einer sich bewusst Gedanken darüber macht, welche Worte auf der Beerdigung gesprochen werden sollen und an was sich die Trauergemeinde symbolisch erinnern soll. Louise Brown plädiert dafür, dass man sich mit dem Tod und dem Sterben ebenso offen und frei beschäftigen soll und darf, weil der Gesprächsbedarf unendlich groß ist und nur selten als Thematik unter den Lebenden gepflegt wird.

Ein weiterer großer Meilenstein der Lektüre ist die unabdingbare Akzeptanz der Endlichkeit des Lebens, die immer dann besonders belastend empfunden wird, wenn man enge Bindungen aufgebaut hat, wenn man geliebt hat und geliebt wurde, denn nur diese Nähe macht auch den Verlust so schwer erträglich. Andererseits sind es aber auch jene Bindungen, die uns menschlich ausmachen und ein Verzicht auf ein Leben in Liebe würde letztlich eher ein Armutszeugnis sein.

Fazit

Ich vergebe 4 Lesesterne für ein gut aufbereitetes Buch, welches man immer mal wieder zur Hand nehmen kann, welches Denkanstöße bietet und im Trauerfall auch Mut zuspricht. Plädiert wird hier für einen ehrlichen, offenen Umgang mit der Trauer, die ganz verschiedene Gesichter haben kann. Etwas gefehlt hat mir nur die Emotionalität, was aber daran liegen mag, dass es sich um ein Sachbuch handelt, welches eher beratende/unterstützende Funktion haben soll. Ein eigenes Erleben ist unabdingbar und soll hier nicht näher besprochen werden. Dennoch spreche ich dem Buch einen gewissen Mehrwert zu, es begegnet dem Leser mit einer entspannten Präsenz, mit kleinen Anekdoten und schönen Worten – also definitiv eine Leseempfehlung.