Rezension

Erzählerische Wüste

Unter Wasser Nacht -

Unter Wasser Nacht
von Kristina Hauff

Bewertet mit 2 Sternen

Kristina Hauffs Roman „Unter Wasser Nacht“ erzählt von zwei Paaren, Sophie und Thies, sowie Inga und Bodo, die seit ihrer Zeit als junge Erwachsene und Aktivisten in Gorleben befreundet sind und sich ein Grundstück im Wendland teilen. Inga und Bodo leben mit ihren Kindern Lasse und Jella in einem Haus, Sophie und Thies in dem daneben. Ein Jahr bevor die Handlung des Romans einsetzt, starb Sophies und Thies’ Sohn Aaron. Dessen nie aufgeklärtes Ertrinken in der Elbe belastet die Beziehung der beiden Familien seither. 
Soweit eine nicht uninteressante Prämisse. Leider macht Kristina Hauff daraus rein gar nichts. 
Das weitaus ärgerlichste sind die erschreckend blassen Hauptfiguren. Sophie und Inga sind sich in ihrer klischeehaften Frauenrolle so ähnlich, dass sie kaum zu unterscheiden sind. Sie wirken, als seien sie einem zweitklassigen Fernsehspiel entsprungen. Nicht, dass die Männer größeres Potential hätten... 
Allen Personen fehlt Charakter und eine wirkliche Tiefe und sind zum Gähnen langweilig. 
Der Tod des Sohnes Aaron wird wie in einem halbherzigen Krimi verfolgt, dessen Auflösung zum Schluss einen auch nicht hinter dem Ofen hervorholt. 
Eine Paralellhandlung, welche zwei weitere unspektakuläre Charaktere vorstellt- die undurchsichtige Mara und Ingas Mutter Edith, die mürrische Fährfrau- wird mit der küchenpsychologisch aufgehübschten Story um das Ableben Aarons verschwurbelt. Hintergrund und Beweggründe der ProtagonistInnen bleiben, außer einiger oberflächlicher Erklärungen, im Dunkeln. Kristina Hauff hätte gut daran getan, sich auf einen Erzählstrang zu konzentrieren und den, z. B. Aarons Geschichte, wirklich auszuerzählen. 
Aaron entpuppt sich im Verlauf des Romans als aggressives, gewalttätiges Kind, welches die Tochter der anderen, Jella, drangsaliert. Warum? Wieso? Und weshalb seine Eltern zu seinen Lebzeiten so passiv waren, wird nie aufgeklärt. Da, wo sie hätte in die Tiefe gehen müssen, bleibt Hauff sträflich an der Oberfläche. Ständig lässt sie alle Figuren durch Fenster schauen, oder mit dem Auto von A nach B fahren, auf dem Bullerbü- artigen Hof sitzen, oder Essen zubereiten. 
Erzählerisch ist dass eine Wüste und als verdurstende Leserin bin ich auf der Suche nach dem Sinn des Ganzen. 
Vom Lektorat hätte ich mir ebenfalls eine aufmerksamere Arbeit gewünscht. 
Neben den komplett überflüssigen Zeitangaben, die zudem nicht stringent verwendet werden, stolpert man über jede Menge Schreibfehler (z. B. Seite 156 „Sie zog die Hündin am Armband auf die Fähre.“ Soll wohl Halsband heißen...) und inhaltlichen Unsinn ( wenn Edith in Maras Hütte tritt, legt sich ihr ein Spinnennetz übers Gesicht, obwohl Mara dort ständig ein und aus geht. Die Spinne muss enorm schnell gesponnen haben... Oder als Sophie eine schwere Knieverletzung davonträgt, fährt sie vier Tage später schon wieder munter Fahrrad durch den Wald.) 
Dieser Roman, den ein fantastisches Cover ziert, gereicht dem so überaus großartigen Hanser Verlag leider nicht zur Ehre!