Rezension

Erst Kunst, dann Kitsch

Der Klang der Wälder -

Der Klang der Wälder
von Natsu Miyashita

Bewertet mit 2 Sternen

Ich hatte von diesem Buch Originelles erwartet und eigentlich bekommt man das auch. Es gibt bestimmt nicht so viele Bücher über Klavierstimmer.
Bis zur Hälfte des Buches war ich auch recht angetan. Es ist sanft, poetisch und sehr japanisch und die Idee ist hübsch.

Tomura möchte unbedingt Klavierstimmer werden, seitdem er einmal einem wirklichen Könner dieses Berufs in seiner Schulturnhalle begegnet ist. Als Itadori-san den Schulflügel erklingen ließ, meinte Tomura plötzlich die Wälder seiner Heimat vor sich zu sehen. Und nun brennt er dafür, auch diese Fertigkeit zu erlangen, steht aber noch ganz am Anfang seiner Ausbildung.

Er lernt von unterschiedlichen Meistern unterschiedliche Ansätze kennen und macht sich viele Gedanken über das Wesen der Kunst und der Musik. Ist ein Pianist erst ein Künstler, wenn er Konzertsäle füllt oder sollte man auch den bewundern, der sich selbst vergessen kann, wenn er alleine zu Hause für sich spielt? Ist ein Klavierstimmer auch ein Künstler oder ein Dienstleister? Und kann und sollte jedes Klavier den Klang der Wälder seiner Heimat hervorrufen können?

„Hell, ruhig und klar, an wehmütige Erinnerungen rührend, zugleich aber mit einer milden Strenge in die Tiefe gehend. Schön wie ein Traum und greifbar wie die Wirklichkeit.“ So sollte Literatur sein, hat der Schriftsteller Takimi Hara gesagt, aber gleichzeitig könnte man so doch den idealen Klang beschreiben.

Über all das macht man sich hier Gedanken, höchst japanisch, elegant geblümt, zurückhaltend kunstvoll und ein klein wenig lieblich. Es ist klug und erbaulich, wird dann auf Dauer aber doch etwas lang, wenn sich die Betrachtungen zusammen mit der sparsamen Handlung dann irgendwann nur noch im Kreis drehen.

Die recht blumige Erzählweise ist ungewohnt, aber natürlich auch japanisch-poetisch. Ich konnte sie die meiste Zeit sozusagen touristisch konsumieren, bis es zum Ende hin dann leider doch in wirklich üblen Kitsch abgleitet.

Mit diesem Buch macht man einen netten Ausflug nach Japan, schnuppert an Kunst und der Liebe zur Musik, allerdings habe ich den Eindruck, es war dann doch nicht ganz seinem Anspruch gewachsen. Die schöne Idee verpufft irgendwo unterwegs.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 07. Februar 2021 um 18:36

Überzeugende Rezension!

Emswashed kommentierte am 08. Februar 2021 um 07:40

Tja, was erwartet man aus dem Land des Origamis und Ikebanas?

Sursulapitschi kommentierte am 08. Februar 2021 um 07:57

Na ja, Frau Ogawa oder Herr Murakami machen das zumendest anders.