Rezension

Eine Reise nach Georgien

Laudatio auf eine kaukasische Kuh -

Laudatio auf eine kaukasische Kuh
von Angelika Jodl

Bewertet mit 4 Sternen

Die Protagonistin Olga stellt ihren inneren Konflikt um kulturelle Zerrissenheit und Selbstfindung dar.

  • Gestaltung:

Cover und Titel sind eher außergewöhnlich, sodass dem potenziellen Leser das Buch sofort auffallen dürfte. Es erweckte definitiv mein Interesse. 

Das Cover ist sehr schön gestaltet worden. Einerseits sehr dezent, andererseits erblickt man durch die unterschiedlichen Muster „auf“ der Kuh viele Details.

  • Inhalt und Figuren:

Der Inhalt hat mir gut gefallen. Ich habe Olgas Reise nach Georgien und schlussendlich zu sich selbst gerne verfolgt und fand die Charaktere ihrer Familie facettenreich ausgearbeitet. Es ist eine typische und tolle Großfamilie. Insgesamt fand ich alle sehr authentisch. 

Allerdings hatte ich Probleme damit, wie Jack in das Leben von Olga und ihrer Familie getreten ist. Es erinnerte eher an ein krankhaftes, wenn nicht sogar strafrechtlich relevantes (Nachstellung / Stalking) Verhalten. Gefiel mir gar nicht. 

  • Schreibstil:

Ich mochte Angelika Jodls Ausdrucksweise ganz gerne, auch ihre Wortspiele waren unterhaltsam. Jodl hat oft mit der Sprache gespielt, was ich grundsätzlich sehr gut fand. Allerdings schrieb sie auch manchmal bewusst grammatikalisch falsche Aussagen ihrer Figuren auf, um aufzuzeigen, dass die Sprache nicht fehlerfrei beherrscht, aber dennoch ganz gut gesprochen wird. Dass viele Einwanderer die deutsche Sprache nicht perfekt beherrschen, sollte klar sein. Ein Satz, dass die Sprache Schwächen aufweist, hätte mir persönlich gereicht. Ich empfand es auf diese Weise eher als etwas vorführend, als eher negativ behaftet. Es wirkte zu fokussiert für einen Roman. Ansonsten war es unterhaltsam, manchesmal humorvoll und gekonnt formuliert. 

  • Georgien:

Der georgische Bezug hat mir gut gefallen. Auch die kulturelle Zerrissenheit der Protagonistin wurde angenehm und ehrlich dargestellt. Der kulturelle Ausflug hat mir in seiner Gesamtheit gefallen, auch wenn viel Aufmerksamkeit auf die religiös bedingte Tradition gelegt wurde. Kulinarisch habe ich definitiv dazugelernt. 

  • Fazit:

Es ist ein gutes Buch. Eine Liebesgeschichte gibt es, sie steht aber glücklicherweise nicht kitschig im Vordergrund. Insgesamt wirkte das Buch auf mich einigermaßen authentisch, aber das i-Tüpfelchen für eine 5-Sterne-Bewertung hat mir irgendwie gefehlt. 

Ich kann nicht exakt benennen, was mir gefehlt hat. Vielleicht hätte ich gerne ein paar Worte mehr zum politischen oder wirtschaftlichen Hintergrund gelesen, zur Geschichte Georgiens und zu den (jüngsten) Unruhen im Lande. Und wie oben erwähnt war mir Jacks „Erscheinen“ einfach zu viel!