Rezension

Eine Kindheit zwischen zwei Welten

Das achte Kind -

Das achte Kind
von Alem Grabovac

Bewertet mit 4 Sternen

              Hier lesen wir eine Autofiktion, wie Alem Grabovac über „Das achte Kind“ berichtet. Autobiographisch, verwoben in fiktionalen Handlungsebenen.
Eine Kindheit im Gastarbeitermilieu der etwas anderen Art. Alem Grabovac erzählt die Geschichte seiner Mutter Smilja und auch seine. Smilja wächst unter ärmsten Verhältnissen im Hinterland Kroatiens auf. Ihr Vater ein Säufer, der regelmäßig nicht nur seine Frau, sondern auch seine Kinder verprügelt. Smilja und ihr Schokoladenschwur: Eines Tages wird auch sie so wie ihre hochnäsigen Schulkameradinnen diesen süßen Traum genießen können. Stück für Stück. Nur weg von daheim - halbwegs erwachsen, findet sie in Würzburg Emir und bald schon kündigt sich Alem an. Aber wie soll sie arbeiten und ein Baby hüten? Denn auf Emir ist kein Verlass, er ist mehr mit sich und dem süßen Leben beschäftigt, gerät in extreme Schwierigkeiten und muss schließlich fliehen. Dank einer Freundin findet sie für Alem einen Platz bei der Familie Behrens und schweren Herzens lässt sie ihn wochentags hier, holt ihn nur an den Wochenenden zu sich. Die Männer in Smiljas Leben sind eine einzige Katastrophe. Zunächst Emir, der irgendwann verschwindet und dann Dusan, bei dem sie wieder gehörig daneben gegriffen hat. Auch er säuft,  bestiehlt und verprügelt nicht nur sie.

Zwei Welten prallen aufeinander. Der Alltag in Alems „deutscher Familie“, in der er neben den sieben eigenen Kindern das achte, aber nicht minder geliebte Kind ist und die Wochenenden mit seiner Mutter. Viel sieht Alem in jungen Jahren, erlebt die bittere Armut in Kroatien und fühlt sich immer mehr zu seinen Pflegeeltern und deren Lebensstil hingezogen. Hier erfährt er Geborgenheit in einer warmherzigen Familie, kommt mit Pac-Man in Kontakt, hört die neuesten Hits von Madonna genauso wie Duran Duran und all die damals weltbekannten Musikstars. Mit Freunden überspielt er seine Musik mit dem Doppelkassettenrecorder. Ein unbeschwertes Leben hier bei Robert, dem unbelehrbaren Nazi und Marianne, dem ruhenden Pol. Dank dieser Familie kann und wird er seinen eigenen Weg finden. 

Als längst Erwachsener mit Frau und Kind erfährt Alem, dass Emir - sein Vater - nicht wie von Smilja immer behauptet, bei einem Arbeitsunfall um Leben kam sondern erst vor kurzem gestorben ist. So macht er sich auf, das Grab seines Vaters zu suchen und zu besuchen. 

 Eine Reise durch die Kindheit, geprägt von Liebe und Geborgenheit einerseits und durchlitten von Gewalt und Lieblosigkeit auf der anderen Seite. Alem Grabovac erzählt ohne zu werten, so kann ich mir als Leser unvoreingenommen meine eigene Meinung bilden. Er erzählt von all den schönen und all den schlimmen Geschehnissen, die seine Kindheit und Jugend nachhaltig prägten. Ein Buch der leisen Töne, sehr lesenswert.