Rezension

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Eine fantasievolle und neuartige Geschichte mit großartig gezeichneten Charakteren, am Ende bleiben mir jedoch zu viele Fragen offen

Die Muschelsammlerin. Deine Bestimmung wartet - Charlotte Richter

Die Muschelsammlerin. Deine Bestimmung wartet
von Charlotte Richter

Bewertet mit 3 Sternen

„Die Muschelsammlerin. Deine Bestimmung wartet“ von Charlotte Richter ist als Hardcover im Februar 2019 im Arena Verlag erschienen. Das Cover weist wunderschöne Glitzerelemente in der Schrift und auch am Buchrücken auf und ist damit ein Schmuckstück im Bücherregal. Von der Autorin sind auch noch zwei Geschichten zur Muschelsammlerin erschienen, die als Download verfügbar sind, die ich jedoch noch nicht gelesen habe und bald lesen werde.

 

Das Buch ist als Fantasy Jugendroman mit romantischer SciFi-Geschichte gelistet – ein sehr interessanter Genremix, weshalb ich sehr dankbar bin, dass ich diese fantasievolle Geschichte als Rezensionsexemplar lesen durfte.

 

Worum geht es?

Mariel träumt schon seit Jahren von ihrer wahren Liebe, was in ihrer Welt jedoch etwas Besonderes ist. In einem Ritual treffen junge Menschen auf eine Spiegelseele und sollen davor „ihren Diamanten schleifen“, also die körperliche Liebe in vollen Zügen genießen, denn der oder die Bestimmte kommt aus der Spiegelwelt Nurnen zu ihnen, wodurch ein „und sie lebten Glücklich bis an ihr Lebensende“ beginnt. Mariel ist so zuversichtlich, weil sie ihre große Liebe ja schon lange kennt und immer wieder in Träumen trifft, dass sie sich nicht ausleben möchte und lieber in der Bibliothek Zeit mit dem Lesen von Geschichtsbüchern verbringt, wodurch sie auch etwas rundlicher gebaut ist als ihre so perfekte Schwester , die an einem der letzten „Tage der Verbindung“ ihren Lebensgefährten und Vater ihres ungeborenen Kindes kennengelernt hat. Jedoch wartet der Bestimmte nicht am Tag der Bestimmung auf Mariel, sie wird als „Sonderbare“ aussortiert und muss die perfekte Gesellschaft verlassen, wie bereits einst ihre Tante, von der niemand mehr spricht. Jetzt muss sie eine Entscheidung treffen: bleibt sie auf der Insel der Sonderbaren oder reist sie weiter in das Land der Spiegelseelen, von wo bisher kaum jemand lebend zurückgekehrt ist?

 

Meine Meinung

Die Geschichte ist für mich eine Mischung aus „Alice im Wunderland“, „Herr der Ringe“ und „Twilight Zone“, zusammengemischt mit einer romantischen Liebesgeschichte in einer scheinbar utopischen Zukunft. Die „Außenwelt“ in der Form existiert nur noch in Geschichtsbüchern, die Menschen hätten sich beinahe für mehr Wohlstand erneut in den Abgrund getrieben, doch alles ist nochmal gut gegangen und sie lebten alle glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Zumindest fast alle, denn von Jahr zu Jahr nimmt die Zahl der „Sonderbaren“ ohne Lebensgefährten zu. Scheinbar wird das von den Priestern eingeführte und verteidigte System nicht in Frage gestellt, weil der Großteil so glücklich ist – doch wie genau sieht es hinter der Fassade aus? Warum haben die Spiegelseelen alle keine Erinnerung mehr an ihr ursprüngliches Leben? Warum finden sich so viele Sonderbare mit ihrem Schicksal ab und wo und wie ist Nurnen? Viele Fragen, denen im Verlauf der Geschichte auf den Grund gegangen wird.

Ganz besonders toll finde ich Nurnen konstruiert, hier habe ich mich sofort in der fantastischen Welt zurecht gefunden und konnte ab diesem Zeitpunkt das Buch nicht mehr aus der Hand legen, weil ich stets wissen musste, wie die Geschichte weitergeht. Dadurch ist die zweite Hälfte des Buches nur so an mir vorbei gezogen und ich habe überhaupt nicht mehr gemerkt, wie die Zeit vergeht.

Toll finde ich auch, wie liebevoll die Nebencharaktere gezeichnet wurden, ich konnte mir von fast allen ein umfassendes Bild machen und mein Kopfkino kam gar nicht mehr dazu, eine Pause einzulegen. Die Buchidee gefällt mir, das Jugendbuch lässt sich auch sprachlich erwartet leicht lesen und die Handlung ist durchgehend spannend.

Was mich jedoch sehr gestört hat ist, dass am Ende des Buches so viele Fragen offen bleiben. Wegen des Epilogs gehe ich von einem Einzelband aus, außerdem konnte ich nirgendwo Hinweise darauf finden, dass es einen weiteren Teil geben wird – außer Kurzgeschichten zur Handlung konnte ich keine weiterführenden Informationen finden. Sollte es einen weiteren Band geben, finde ich das Buch top und vergebe die Bestwertung. Als Einzelband gibt es für mich am Ende zu viele lose Enden und offene Fragen. Der Schluss hätte für mich ebenso lang wie die Einführung in die Geschichte sein müssen und die letzten 20 Seiten hätten noch weitere 100 Seiten an Erklärungen und zum Verknoten der losen Enden benötigt. In Summe finde ich die Geschichte daher nur durchschnittlich.

 

Fazit: Eine fantasievolle und neuartige Geschichte mit großartig gezeichneten Charakteren, am Ende bleiben mir jedoch zu viele Fragen offen