Rezension

Eine 17-jährige Thronfolgerin in matrilinearer Gesellschaft

A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia -

A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia
von Roseanne A. Brown

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Herrscherinnen von Sonande waren stets Frauen; vor Karina herrschte ihre Mutter und davor ihre Tante.  Nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter und der Schwester Hanane wirkt die 17-jährige Karina noch  immer überwältigt von der plötzlichen Verantwortung als Thronfolgerin. Die Großwesirin als zweite Frau im Reich hat offenbar eigene Pläne mit der unerfahrenen jungen Königin und sorgte bisher stets dafür, dass Karina nicht erfährt, was außerhalb des Palasts vor sich geht, und dessen Mauern schon gar nicht verlässt.

Der junge Malik und seine Schwestern werden als Flüchtlinge aus dem umkämpften Eshra in die Hauptstadt Ziran geschmuggelt, ähnlich wie moderne Schleuser mit falschen Papieren ihre Ware transportieren würden. Doch statt eines neuen Lebens im Frieden muss Malik einen gefährlichen Auftrag erfüllen, um die kleine Nadia zu befreien, die von einem Geist als Geisel gehalten wird. Seine ältere Schwester Leila ist stocksauer, dass Malik mal wieder aus der Reihe getanzt ist und sie die Scherereien mit den Folgen hat. Nur wenn er das Solstasia-Turnier gewinnt und zu Karinas Ehemann ausgerufen wird, kann er der jungen Königin nahe genug kommen, um sie zu töten.

Mit Karina und Malik stehen sich zwei junge Erwachsene gegenüber, die sich ihrer Rollen noch unsicher sind und die sich durch den Kampf um die Macht in Sonande ihrer Schwächen bewusst werden. Karina leidet unter ihrer Überbehütung und  schwerer Migräne, Malik unter Panik-Attacken und dem vorangegangenen Druck seines Vaters, die vorgegebene Männerrolle zu übernehmen - eine ungünstige Basis für den Wettstreit vor tausenden von Zuschauern. Karina wiederum hat für den Wettstreit der Champions eigene Pläne. …

Das Setting einer matrilinearen Kultur ist so wenig neu wie der Konflikt um die Thron-Nachfolge einer zu jungen Herrscherin, die im Gegensatz zu ihrer Schwester nicht für die verantwortungsvolle Aufgabe erzogen wurde. Dass man die jüngere der Schwestern besser nicht unterschätzt, wird sich jedoch bald zeigen.

Als mögliche Ausbeuterin anderer Völker, Ziel eines Attentats und Loveinterest erlebte ich die junge Herrscherin  unbestritten als faszinierende Figur. Während ich mich in Karina und ihre Welt der Höflinge leicht hineinversetzen konnte, blieb Malik für mich nur schwer greifbar. Wenig überzeugend fand ich, dass Maliks magische Fähigkeiten stets überraschend auftauchten und offenbar keiner Logik folgten. Seine Motive wurden mir erst relativ spät deutlich, auch für jemanden in seinem Alter ist es nicht ungewöhnlich, dass er selbst sich erst darüber klar werden muss. Malik wirkte sehr viel blasser als Karina und sollte im zweiten Band dringend an Persönlichkeit gewinnen. Die Weltenbildung, das sich abzeichnende Magiesystem und die Nebenfiguren konnten mich zwar ansprechen, aber mir fehlte der Rote Faden zwischen dem wechselnden Focus jeweils auf Karina und Malik.

Ein mit dekoriertem Farbschnitt optisch gelungenes Buch für die Zielgruppe ab 14 Jahre, für erfahrene Fantasyleser weniger ergiebig.