Rezension

Ein wirklich krasser Roman - nichts für schwache Nerven

Animal
von Lisa Taddeo

Bewertet mit 3.5 Sternen

Selten hat mich ein Buch so ratlos zurückgelassen wie dieses. Die Protagonistin, Joan, die uns die Geschichte erzählt ist eine wirklich faszinierende Persönlichkeit, die in ihrem Leben durch mehr als nur ein Trauma durchmusste.

Bevor ich mich zu der eigentlich Handlung äußere, möchte ich auf den Stil Taddeos eingehen: die Charaktere, die wir in diesem Buch kennenlernen, sind ihr wirklich authentisch gelungen. Gerade die Beziehung zwischen Joan und Alice, eine Frau über die wir anfangs noch so gut wie nichts wissen, im Laufe der Geschichte aber immer mehr erfahren, dass sie für Joan in Zukunft sehr wichtig sein wird, hat mir beim Lesen sehr gefallen. Im Laufe der Kapitel entsteht ein regelrechtes Band zwischen den Beiden. Der Schreibstil Taddeos und damit die Erzählweise Joans  ist sehr fließend und zieht einen regelrecht in seinen Bann. Besonders wichtig bei einem Ich-Erzähler und Taddeo sehr gut gelungen: authentisch zu bleiben. Die Geschichte ist manchmal wirklich sehr subjektiv geschildert, aber genau so muss es in meinen Augen aber auch sein bei einem Ich-Erzähler.

Zur Handlung kann ich, wie so oft, nicht allzuviel verraten ohne mit Spoilern um mich zu werfen, möchte sie aber nicht komplett außen vor lassen. Geschrieben ist die Geschichte im Großen und Ganzen wie eine klassische "Familiengeheimnisgeschichte" á la Lucinda Riley: Wir verfolgen einen Zeitstrahl in der Gegenwart und erfahren über Rückblenden immer mehr und mehr über die Handlungen und Hintergründe der Protagonisten.

Doch hier hören Gemeinsamkeiten auch wieder auf. Denn Taddeo greift hier zu allem, was eigentlich einer Triggerwarnung bedarf und das sage ich, der eigentlich überhaupt nicht empfindlich bei solchen Themen ist. In vielen Situationen greift Taddeo auf wirklich sehr vulgäre und bildliche Sprache zurück, was zwar das Geschehene deutlich unterstreicht aber für den ein oder anderen Leser durchaus eine Grenze überschreiten dürfte. Ich hatte das Glück das Buch im Rahmen einer Leserunde lesen zu dürfen und habe hier schon geschrieben, dass ich zwischenzeitlich das Gefühl hatte, die Autorin hätte eine Ausgabe von Feuchtgebiete in die Hand bekommen und sich von der Art der Provokation so einige Scheiben abgeschnitten. Auch, wenn ich nicht in Erinnerung habe, dass es damals um solche Arten der "traumatisierten Provokation" gegangen wäre.

Dennoch komme ich nicht umhin zuzugeben, dass dieses Gesamtpaket auf mich einen gewissen Sog ausgeübt hat. Gerade nach dem ersten Drittel konnte ich das Buch lange nicht aus der Hand legen und war teilweise auch ziemlich entsetzt über meine eigene Faszination.

Fazit:

Ein Buch, das mich noch lange beschäftigen wird, mich aber auch einige Stunden gut unterhalten hat. Meine Leseempfehlung schränke ich allerdings ein auf Leute, die kein Problem mit Gewalt, Vergewaltigungen etc. haben.