Rezension

Ein wichtiger Diskurs!

Frauen Literatur
von Nicole Seifert

Bewertet mit 5 Sternen

Momentan begegne ich oft diesem Cover - und das ist gut so! Nicole Seifert schreibt gegen die strukturelle Verachtung und damit des Vergessens des weiblichen Werks im Literaturbetrieb.

Seifert hat recherchiert, dass sowohl die historische als auch die zeitgenössische Kritik die Frage nach der Ästhetik eines Textes nicht stellen, wenn es sich beim Autor um eine Frau handelt, sondern dass diese laut Studien häufig direkt aburteilen. Diese Marginalisierung sorgte dafür, dass Autorinnen in Vergessenheit gerieten.
Anders als Autoren, die anders befördert wurden, müssen diese mühevoll wiederentdeckt werden. Im Schreiben von Autor:innen wohnt kein biologischer Unterschied, der sich auf die Qualität ihres Schreibens auswirkt. Autor:innen sind in erster Linie soziale Wesen, die ihre Erfahrungen in ihren Werken der Welt zugänglich machen. In dieser Hinsicht lohnt sich ein Blick auf Entwicklungsromane. Diese behandeln das jugendliche Wachstum an Schwierigkeiten auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Während männliche Protagonisten diese Schwierigkeiten in der Außenwelt meistern, versuchen weibliche Protagonistinnen mit jenen zu verhandeln, die ihre gesellschaftlichen Fesseln kontrollieren. Die Heldinnenreise unterscheidet sich von der Heldenreise - beides sind per Definition Entwicklungsromane, doch wo es um Frauenleben geht, nennt man sie "Frauenromane".

Literatur wird die Fähigkeit zugeschrieben, den Horizont zu erweitern. Fehlen jedoch im öffentlichen Bewusstsein weibliche Stimmen aus der Lebensrealität von Frauen of Color, durch Behinderungen eingeschränkten Frauen, durch nonbinäre Personen, werden alle Menschen so lange vorwiegend männliche Sichtweisen lesen, bis die weiblichen Stimmen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt werden.
Nicole Seiferts Plädoyer trägt hoffentlich zu einem baldigen Mehr an Sichtbarkeit für weibliche Autoren im Feuilleton und insgesamt zu mehr Wertschätzung abseits von seichter Unterhaltung bei.