Rezension

Ein viel zu unpersönlicher und pragmatischer Lebensbericht

Noah
von Takis Würger

Bewertet mit 2 Sternen

"So lange noch im Herzen eine jüdische Seele wohnt, so lange ist unsere Hoffnung nicht verloren, die uralte Hoffnung, ins Land unserer Väter zurückzukehren." (Buchauszug)
Noah Klieger ist 16 Jahre alt, als er vom Sammellager Mechelen ins KZ Auschwitz III Monowitz kommt. Hier versucht sich der intelligente, schmächtige Junge so gut es geht durchzuschlagen. Schnell spricht sich herum, dass man auf sich achtgeben muss, um hier zu überleben. Deshalb versucht Noah bei den Boxern unterzukommen, um eine zusätzliche Essensration zu bekommen. Mit 20 wird er dann von den Alliierten befreit, nachdem er drei Todesmärsche überlebt hat. Nur gut, dass er einige Helfer hatte, die ihm immer wieder geholfen haben zu überleben. Als 23-Jähriger führt ihn sein weiterer Weg mit der Exodus nach Palästina, doch selbst dieser wird für Noah kein einfacher sein.

Meine Meinung:
Ein unscheinbares blaues Cover, bei dem ich auf eine bemerkenswerte Lebensgeschichte eines Zeitzeugen des Holocaust gehofft hatte. Anhand des Klappentextes war mir sofort klar, dass ich dieses Buch unbedingt lesen möchte, da ich schon mehrere Zeitzeugenberichte gelesen habe. Der Schreibstil ist recht emotionslos, oberflächlich und meiner Ansicht nach viel zu nüchtern verfasst. Dadurch wurde ich regelrecht enttäuscht, da dieser Lebensbericht für mich eher unvollständig war. Was hier auf nicht ganz 190 Seiten wiedergegeben wird, wird meiner Ansicht nach in keinem Verhältnis dem Leben des verstorbenen Journalisten und Holocaustüberlebenden Noah Klieger  gerecht. Das in vier Teilen unterteilte Buch erfasst zu Beginn seine Zeit im KZ Auschwitz III Monowitz. Während mich sonst andere Zeitzeugenberichte regelrecht berühren, empfinde ich hier hingegen nur Nüchternheit. Zwar erschüttert mich, was Noah mitgemacht hat, doch richtig aufwühlen konnte es mich nicht so wie ich es sonst von anderen Zeitzeugenberichten gewohnt bin. Was sicherlich an der recht emotionslosen und viel zu kurzen Abhandlung liegt. Dachte ich dann, dass er die Geschichte noch weiter fortsetzt, wurde ich im zweiten Teil eines Besseren belehrt. Den diese Zeit wird einfach mal eben recht nüchtern abhackt. Lediglich die Begegnung mit dem Arzt Josef Mengele hat mich schwer beeindruckt. Währenddessen geht es weiter zur Befreiung, um dann einen erneuten Zeitsprung von zwei Jahren zu machen. Schon alleine die Zeit im Konzentrationslager, in dem Noah so viel erleben musste, erschien mir viel zu pragmatisch und unangemessen. Außerdem die Begegnung seiner Familie mal ebenso so kühl abzuhacken, die sicherlich für Noah wichtig gewesen ist, fand ich einfach unpassend. Hingegen war die Überfahrt nach Israel mit einigen Details ausgemalt, die ich nicht unbedingt gebraucht hätte. Ein so bemerkenswertes Leben, wie das von Noah auf nur 150 Seiten zu reduzieren ist meiner Ansicht nach nicht möglich und wird ihm definitiv nicht gerecht. Zwar wird im Nachwort erwähnt, das Noah dieses Buch so wollte um es seinen vielen Freunden zu widmen, die ihm geholfen haben. Jedoch ob er es wirklich so noch abgesegnet hat vor seinem Tod weiß ich nicht und ich frage mich auch was für einen Sinn macht dann dieses Buch? Zudem finde ich, sollte das nicht der Grund sein, warum man sein eigenes Leben so kurz abhandelt. Gestört und wütend gemacht hat mich auch Noahs Bild über uns Deutsche am Ende des Buchs. Seine Aussagen hier klangen für mich total unversöhnt und vorwurfsvoll. Ebenso kommt u. a. seine Nichte Alice und Sharon Kangisser Cohen zu Wort, die meiner Ansicht nach zu viel Lob für dieses Buch austeilt. Ich bin enttäuscht, dass man einem so bedeutenden Menschen wie Noah nicht mehr Ehre zukommen lässt als dieser gekürzte, viel zu unpersönliche Lebensbericht. In keinem Fall wird dieses Buch ihm gerecht, wo er so viel erlebt und dazu noch das Land Israel mit aufgebaut hat. Da habe ich weitaus mehr über Noah Klieger in einem Video erfahren. Es tut mir leid, dass ich für diese Leistung keine Lobeshymnen abgeben kann. Denn wen man wie erwähnt wochenlang mit jemanden zusammen ist, über den man schreiben darf, dann sollte doch mehr herauskommen, als man hier in dieser Kürze zusammengetragen hat. Darum kann ich diesem Buch auch nur 2 von 5 Sterne geben.

Kommentare

Steve Kaminski kommentierte am 13. Juni 2023 um 16:11

Ich glaube, dass das Nüchterne bewusstes Stilmittel ist - hinter den Fakten, die geschikdert werden, muss man die Emotionen weitgehend ahnen.