Rezension

Ein unerhört gutes Buch!

Der Markisenmann -

Der Markisenmann
von Jan Weiler

Bewertet mit 5 Sternen

Der Markisenmann
Jan Weiler

Die 15-Jährige Kim Papen wächst bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater im Kölner Villenviertel auf. Eigentlich hat sie alles, was man sich für Geld kaufen kann, nur an Elternliebe fehlt es komplett. Ihr Stiefvater Heiko behandelt sie wie ein Anhängsel, als etwas, was er dazubekam, als er ihre Mutter heiratete. Er stichelt sie, zieht sie auf und beachtet sie nicht. Als ihr kleiner Stiefbruder geboren wird, verstärkt sich die Situation und Kim erfährt keine Aufmerksamkeit mehr. 
Von ihrem leiblichen Vater besitzt sie nur eine verschwommene Fotografie - er verliess die Familie als sie 2 Jahre alt war, seitdem hat sie nie wieder etwas von ihm gehört. Ständig denkt sie sich Entschuldigungen aus, weshalb ihr Vater sich nicht meldet.

„>>Ich habe keine Zeit.<<
>>Ich habe kein Interesse an dir.<<
>>Ich darf nicht.<<
>>Ich trau mich nicht.<<
Keiner diese Sätze passte, auch nicht der Gedanke, dass er mich nicht hätte finden können. Schliesslich hatte ich ihn ja auch aufgespürt, zumindest in meinem Tagtraum.“ (S. 9)

„Wenn mein Stiefvater Heiko meinen Vater erwähnte, nannte er ihn den >>feinen Herrn Papen<<. Ich wusste noch nicht, was Sarkasmus war, aber diesen feinen Herrn stellte ich mir als einen Mann mit Sonnenbrille und dreiteiligem Anzug vor, sehr groß, wie alle Väter sind, sehr freundlich auch, aber beschäftigt mit ernsten Details eines unbegreiflichen Berufes.“ (S. 9)

Kims Vernachlässigung nimmt immer mehr zu, und da sie mit guten Noten nicht punkten kann, beginnt sie die Schule zu schwänzen und zu klauen. An einem Nachmittag, beim Grillen kommt es zu einem Unfall, wo ihr Bruder durch Kims Kurzschlusshandlung verletzt wird.
Kim wird kurzerhand über die Sommerferien zu dem Mann abgeschoben, den sie seit 13 Jahren nicht mehr getroffen hat: Ihren Vater.
So wird Kim in den Zug gesetzt und nach Duisburg geschickt, wo der "feine Herr Papen" sich als kleiner, bescheidener Markisenvertreter entpuppt, ein Mann, der in einer verfallenen Halle wohnt, ein altes Auto fährt und bescheidener sowie ehrlicher nicht sein könnte. 

Jan Weiler hat mit dem Markisenmann ein unglaublich feines Buch geschrieben. Es ist nicht nur eine tiefgründige Geschichte, gespickt mit einem Hauch von Sarkasmus und Humor, vielmehr ist es ein Buch über Freundschaft, Verantwortung und begangene Fehler, welche unverzeihlich und nicht mehr umkehrbar sind.
Für mich ist dieses Buch nicht nur eine ganz besondere Sommergeschichte, sondern ein Buch mit Tiefgang, ein Jahreshighlight und ein MUST READ. 
5 / 5