Rezension

Ein trauriges Buch über das Glück

Alle meine Wünsche - Grégoire Delacourt

Alle meine Wünsche
von Grégoire Delacourt

Bewertet mit 5 Sternen

Ich kam mir vor wie in einem Kitschfilm von Frank Capra, und ich kann Ihnen sagen, der Kitsch tut manchmal verdammt gut.

Jocelyne besitzt in dem kleinen französischen Provinzstädtchen Arras einen Kurzwarenladen, ist verheiratet und hat zwei Kinder, die bereits ihre eigenen Wege gehen. Je nachdem, aus welcher Perspektive man ihr kleines Leben an der Seite ihres derben, aber treuen Ehemannes betrachtet, könnte man es als glücklich oder trostlos bezeichnen. Aber in dieser bezaubernden französischen Erzählung hat sogar die Trostlosigkeit einen Charme, der alles aufhellt. Mit der Frage, was wahres Glück ausmacht, wird Jocelyne durch einen unverhofften Lottogewinn konfrontiert, und sie erkennt mit Bangen, wie brüchig ihr Glück ist. Sie trifft eine Entscheidung, doch sie ist nicht die einzige, die ihr Glück in die eigene Hand zu nehmen versucht.

Grégoire Delacourt beherrscht wunderbare sprachliche Pointen, sei es, um einem Kapitel eine makellose Abrundung zu geben, sei es, um den Leser unangekündigt und noch im ersten Viertel des Buches zum Weinen zu bringen. Und er wartet mit überraschenden Wendungen auf. Am Ende fühlt sich nicht nur der Leser getäuscht. Es ist ein zutiefst trauriges Buch.

Ein kleiner und trotzdem bedeutender Logikfehler hat sich leider im hinteren Teil der Geschichte eingeschlichen. Sieht man einmal von diesem ab, ist der Erzählstil dicht und schlüssig. Insgesamt ein starkes Buch.