Rezension

Ein solider Justiz-Krimi, dessen Hintergrund auf einer realen und erschreckenden Begebenheit basiert!

Der dreizehnte Mann -

Der dreizehnte Mann
von Florian Schwiecker

Bewertet mit 4 Sternen

,,Der dreizehnte Mann" vom Autorenduo Florian Schwiecker und Michael Tsokos ist ein Justiz-Krimi, der am 01.03.2022 im Droemer Knaur-Verlag erschienen ist. Der erste Band hatte mir vor einiger Zeit mehr schlecht als recht gefallen, trotzdem wollte ich dieser Fortsetzung eine Chance geben. Diesen Band fand ich diesmal deutlich besser und spannender, auch der Facharzt für Rechtsmedizin, Dr. Justus Jarmer, dem der Ruf einer rechtsmedizinischen Koryphäe vorauseilt, ist in dieser Geschichte deutlich präsenter. Er kommt öfter zu Wort als im ersten Band, was mir schon deutlich besser gefallen hat. Rocco Eberhardt ist so gesehen der dominierende Charakter, der mit etwas Hilfe des Rechtsmediziners versucht, einen längst verjährten Missbrauchs-Skandal aufzuklären und weiteren Vertuschungen eine Stimme zu geben. Das Thema Politik, welches hier mit drin hängt, wurde geschickt mit eingebunden. Jarmer, der wieder regelmäßig Kugelschreiber um seine Finger kreisen lässt und Eberhardt, der ständig alkoholische Getränke genießt, haben Situationen erzeugt, die mir zu oft vorkamen. Diese ständigen Wiederholungen hätte ich nicht so oft lesen müssen, was mich auch schon im Vorgängerband gestört hat. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber die beiden Protagonisten haben bei mir erneut einen arroganten Hauch hinterlassen, da sie, besonders Jarmer, eine leicht hochnäsige Art an sich haben. Beide Herren wissen, dass sie in ihren Jobs gut, wenn nicht sogar die besten, sind. Durch das ständige betonten ihrer Stärken entstand für mich dann diese Arroganz.

Nichtsdestotrotz kamen diese beiden Charaktere sehr gut rüber und wurden meiner Meinung nach deutlich besser ausgearbeitet. So konnte ich dessen Gedanken und Handlungen sehr gut nachvollziehen und besonders Eberhardt, der eigentlich Angeklagte verteidigt, hat positive Charakterzüge an den Tag gelegt. Er hilft nicht nur bei der Identifizierung einer Wasserleiche, auch geht ihm das Schicksal von Timo Krampe sehr nah. Sein Gefühlschaos wurde authentisch beschrieben, während er seine Jugendliebe wieder trifft und anschließend mit ihr zusammenarbeitet. Jarmer hat seine festen Rituale und ist ein Gewohnheits- und Familienmensch, eigentlich das komplette Gegenteil von dem Berliner Strafverteidiger. Trotzdem schaffen sie es, gemeinsam hinter einen erschreckenden Skandal zu blicken und brisante Indizien genauer unter die Lupe zu nehmen. Obwohl diese auf den ersten Blick eindeutig erscheinen, hat mich am Ende eine Wendung überrascht, mit der ich nicht gerechnet habe.

Der Schreibstil ist flüssig und lebendig. Die 103 sehr kurzen Kapitel, verteilt auf 340 Seiten, sind rasant und bieten durch den wechselnden Perspektivenwechsel Abwechslung. Auch bildlich konnte ich der kompletten Handlung sehr gut folgen. Erschreckend ist der reale Hintergrund, der spannend in diesen fiktiven Krimi eingearbeitet wurde. Den Skandal um das Granther-Experiment haben die Autoren teilweise zur Inspiration des realen Kentler-Experiments entnommen. Dieses ,,Experiment“ hat es leider wirklich gegeben, welches im Jahr 2008 auf den verstorbenen Psychologen, Sexualwissenschaftler und Professor für Sozialpädagogik Helmut Kentler zurückzuführen ist. Kentler vertrat die obskure Ansicht, dass Kinder und Jugendliche aus zerrütteten Verhältnissen am besten wieder in ein geordnetes Leben zurückfinden würden, wenn man sie in die Obhut von Pädophilen gibt. Seine verstörte Ansicht hat viele Kinderseelen noch tiefer verletzt, da er der Meinung war, dass es ihnen bei oftmals verurteilten Männern besser geht und sie dort endlich ein liebevolles Umfeld erhalten.

Wer in diesem Krimi alles seine Finger mit im Spiel hatte und wie diese versucht haben Beweise zu vernichten, hat mich spannend unterhalten. Zum größten Teil fand ich die komplette Handlung diesmal sehr unterhaltsam und auch deutlich unvorhersehbarer. Spannung wurde langsam aufgebaut und der erschreckende, abartigste Hintergrund dieser Geschichte hat mir Gänsehaut beschert. Außerdem fand ich interessante Einblicke aus den Verhandlungen im Gerichtssaal, dem Alltag eines Strafverteidigers und Details aus dem rechtsmedizinischen Bereich passend eingearbeitet. Dies hat dem Krimi eine Menge Authentizität eingebracht, Insiderwissen wurde für Laien verständlich eingearbeitet. Von mir gibt es vier Sterne!

Kommentare

hobble kommentierte am 15. April 2022 um 01:37

was fürs wunschregal