Rezension

Ein poetischer Roman über ein stilles Abenteuer

Der Klang der Wälder -

Der Klang der Wälder
von Natsu Miyashita

Das Lesen war leise und bedächtig, intensiv, emotional und berührend.

Worum geht es?

Der Roman handelt von Tomura, einem jungen Mann, der in der Schulturnhalle erstmals einem Klavierstimmer begegnet und diesem bei der Arbeit zuschaut. Und dort trifft es ihn: Er ist sofort fasziniert von dem Können des Stimmers, der Präzision seiner Arbeit und vor allem von den mitreißenden Klängen des Klaviers. Diese erinnern ihn an seine Heimat und an das Rauschen der Wälder in seiner Kindheit. Tomura beschließt also, selbst Klavierstimmer zu werden und das Handwerk zu erlernen.

Wie ist es?

Das Buch ist definitiv etwas Besonderes. Es ist nämlich nicht so, dass handlungstechnisch viel passiert. Eigentlich begleiten die Leser*innen Tomura nur auf seinem Weg, ein Klavierstimmer zu werden. Dabei erfährt man nicht viel über Tomura als Person – nichts Allgemeines über ihn, nichts über sein Aussehen, seine Familie oder seine Beschäftigungen außerhalb der musikalischen Welt. Dafür erfährt man Unmengen darüber, wer Tomura im Inneren ist – wie er sich fühlt, wenn er den Klängen eines Klaviers oder des Waldes lauscht, und seine Gedanken, wenn er konzentriert ein Klavier stimmt.

Das Buch hat mich sofort in seinen Bann gezogen – vielleicht auch gerade, weil nicht viel passiert, sondern sich das meiste Geschehen in Tomuras Kopf abspielt. Die Passagen, in denen die Musik oder die Natur beschrieben werden, sind sehr bildlich und eindrucksvoll. Der ganze Roman ist einer sehr besonderen, fast etwas mystischen Stimmung durchzogen, die sich sofort auf mich übertragen hat. Das Lesen war leise und bedächtig, intensiv, emotional und berührend.

Es fällt mir schwer, meine Eindrücke richtig in Worte zu fassen. Das ganze Buch strahlt eine unglaubliche Ruhe und Naturverbundenheit aus, der Schreibstil ist dabei sehr besonders und flüssig – und gerade über japanische Vornamen und die japanische Anrede habe ich sehr viel lernen können. Und natürlich über das Klavierstimmen selbst. Obwohl ich da kaum Vorwissen besaß und die handwerklichen und klangtechnischen Ausführungen teilweise relativ lang waren, habe ich mich keine Sekunde gelangweilt, sondern Tomuras Geschichte sehr genossen.

Mein Fazit

Ich denke, besonders Musikliebhaber*innen und Menschen, die selbst leidenschaftlich Klavier spielen – dazu gehöre ich leider nicht – finden Freude an diesem Roman. Doch auch jede andere Person, die sich auf dieses stille Abenteuer einlässt, kann sich vom Buch verzaubern lassen. Ich kann euch „Der Klang der Wälder“, der in Japan bereits ein Millionenbestseller ist wirklich von ganzem Herzen empfehlen. Er vermittelt eine so intensive Stimmung und ist etwas ganz Besonderes. Außerdem habe ich schon lange nicht mehr (oder noch nie?) einen Roman gelesen, der so poetisch war wie dieser von Natsu Miyashita, übersetzt von Sabine Mangold.