Rezension

Ein letzter Mord

Aufzeichnungen eines Serienmörders - Young-Ha Kim

Aufzeichnungen eines Serienmörders
von Young-Ha Kim

Bewertet mit 4.5 Sternen

Byongsu Kim ist 70 Jahre alt und dement. Er wird immer vergesslicher, behilft sich mit Notizzetteln und einem Aufnahmegerät. Doch in einem Punkt ist er sich ziemlich sicher: In seinem Viertel treibt ein Serienmörder sein Unwesen und der hat es auf seine Tochter Unhi abgesehen. Byongsu Kim kennt sich da aus, er war nämlich selbst jahrelang Serienmörder und wäre es wohl noch immer, wenn seine Tochter nicht wäre. Nun muss er ein letztes Mal morden, um Unhi zu retten. Wenn er durch seine voranschreitende Demenz nur nicht immer wieder seinen Plan vergessen würde!

In kurzen Absätzen und aus der Ich-Perspektive erleben wir Byongsu Kims Kampf um sein Gedächtnis. Dabei wirkt er abgeklärt, intelligent, kühl aber noch recht gut beieinander. Er ärgert sich selbst am meisten über seine Erinnerungslücken, philosophiert hier und da über das Ich und schwelgt in seinen kostbaren Erinnerungen an seine Morde. Da diese schon einige Jahre her sind, werden ihm diese, so hofft er, noch etwas erhalten bleiben. Nur die Jagt auf Jutae Park, den Mann, der in seinem Revier wildert, die vergisst er immer wieder.

Young-Ha Kim ist mit „Aufzeichnungen eines Serienmörders“ ein besonderer Roman gelungen. Mal spannend wie ein Krimi, dann wieder philosophisch. Und immer steht wie Frage im Raum: Kann man Kim trauen? Bildet er sich etwas ein? Hat er etwas wichtiges vergessen? Dabei ist Kim zwar kein Sympathieträger aber irgendwie fasst man mit der Zeit trotzdem Zuneigung zu diesem reuelosen Mörder.

Die Gestaltung des Buches hat nochmal ein extra Lob verdient: Zum einen liebe ich die Radierung auf dem Cover aber auch unter dem Schutzumschlag wurde viel Liebe ins Detail gesteckt. So finden sich auf dem Umschlag verschwimmende Gedanken Kims und die Seitenzahlen werden zum Ende hin, wie Kims Gedächtnis, immer blasser.

Dieses Buch war eine tolle Abwechslung in meinem „Lesealltag“. Ich wurde gut unterhalten, wurde überrascht und habe ein bisschen was über koreanische Geschichte gelernt. Den Cass-Verlag werde ich mir definitiv merken!