Rezension

Ein Lesegenuß für düstere Abende zum genießen und miträtseln

Ohne jeden Zweifel - Tom Rob Smith

Ohne jeden Zweifel
von Tom Rob Smith

Bewertet mit 4 Sternen

Seine Eltern wissen nichts von seiner Homosexualität und davon, dass Daniel mit seinem Partner Mike schon seit drei Jahren zusammen ist. Er lebt mit ihm in einer schönen Wohnung in London. Dadurch, dass seine Eltern vor einiger Zeit England verlassen haben und nach Schweden ausgewandert sind hat er es ihnen bisher noch nie gesagt. Sie haben sich nun in der Heimat seiner Mutter zur Ruhe gesetzt, als er eines Tages auf dem Weg nach Hause vom Einkaufen einen Anruf seins Vaters erhält. Dieser teilt ihm mit, dass seine Mutter in eine geschlossene Anstalt eingewiesen wurde. Dies geschah auf Grund einiger psychischer Probleme. Daniel ist geschockt und möchte sich sofort auf den Weg nach Schweden machen. Zu Hause sorgt er sofort dafür, dass er ein Flugticket nach Schweden erhält, wozu er sein letztes Geld zusammen kratzt. Während er seine Sachen gepackt und sich auf den Weg macht ahnt er nicht, dass sich seine Mutter in der Zwischenzeit selbst entlassen hat und auf dem Weg zu ihm nach London ist. Kurz vor seinem Abflug erhält er einen Anruf von ihr. Verwirrende und nervenaufreibende Ereignisse nehmen seinen Lauf und er weiß noch nicht, was hinter dem plötzlichen Wandel und der Geschichte seiner Mutter steckt.
Daniel ist homosexuell und arbeitet als Gartengestalter. Hauptsächlich sind dabei Luxusobjekte wie z.B. Dachterassen von noblen Wohnungen, seine Aufträge. Seinen Partner Mike hat er über einen dieser Aufträge kennen gelernt. Seit einiger Zeit hat er keine Aufträge mehr und somit wird auch das Geld langsam knapp. Daniel braucht jedoch Zeit und seine Familie möchte er auf alle Fälle auf sein Outing vorbereiten. Dies akzeptiert Mike, auch wenn er sich schon länger wünscht endlich Daniels Eltern kennen zu lernen.

Daniels Eltern haben bisher immer eine vorbildliche und glückliche Ehe geführt. Durch sie hatte Daniel eine glückliche und sorgenfreie Kindheit. Niemals hat er je einen Streit zwischen ihnen miterlebt, oder bemerkt, dass etwas nicht stimmen könnte. Nachdem sie jahrelang eine Gärtnerei in London betrieben haben, entschlossen sie sich ihren Ruhestand auf einer kleinen Farm zu verbringen. Diese liegt jedoch nicht in England, sondern im Heimatland von Daniels Mutter, in Schweden.

Mike ist Daniels Lebenspartner und war vor seinem Outing verheiratet. Er ist ein renomierter Anwalt in London und steht hinter seinem Liebsten. Er unsterstütz Daniel in seiner Laufbahn,sowie auch finanziell, und wohnt mit ihm zusammen in seinem Appartement.

Daniels Mutter Tilde leidet unter psychischen Problemen, die für sie jedoch nicht vorhanden sind. So sind die anderen schuld und eine Intrigie wird gegen sie gesponnen, die dazu führen soll, dass sie in eine Anstalt eingewiesen wird. In ihren Augen jedoch soll dies nur dazu dienen, damit sie niemandem die Warheit erzählt. Sie reist nach London um Daniel, ihren einzigen Sohn aufzusuchen und ihm alles zu erzählen. In ihrer großen Tasche, die sie nie aus den Augen läßt, hat sie die unterschiedlichsten Dokumente und Beweismittel gesammelt, um ihre Geschichte glaubhaft zu untermauern. Dass dabei das bisher gekannte Leben seiner Eltern für Daniel zu zerbröckeln beginnt, und er alles in einem neuen Licht sehen soll, ist für sie das kleinere Übel. Viel schlimmer ist es für sie, dass in Schweden ein Mädchen spurlos verschwunden ist und sie scheinbar den Grund dieses Verschwindens zu kennen glaubt.

Intrigen, Zwangsauswanderungen, materieller Verlust, mörderische Verbrechen und schnell befindet sich Daniel in einem wahrgewordenen Alptraum wie es scheint. Was ist ist die Wahrheit und was Einbildung und Illusion? Wem soll er glauben, seine Mutter, die denkt dass alle gegen sie sind, sie zum Schweigen bringen wollen, oder seinem Vater, der sagt, dass sie psychische Probleme hat und sich dass alles nur einbildet?

Das Coverbild besteht aus mehreren Pollaroidbildern, die zusammengesetzt wie ein Puzzle das Gesamtbild einer Farm im Nebel zeigen. Die Farbgebung ist in Grautönen gehalten, was eine geheimnisvolle, düstere und mysteriöse Aura entstehen läßt. Einzig der Titel des Buches sticht durch seine rote Schrift heraus und zieht die Blicke auf sich. Fährt man über den Schutzeinband, so sind die Rahmen der Polaraidfotos leicht erhaben, und man fühlt die einzelnen Abgrenzungen. Auf dem Buchrücken ist dafür der Autorename und der Buchtitel ebenfalls leicht erhaben. Unter dem Schutzumschlag verbirgt sich ein schwarz-grau mellierter Bucheinband und in den Buchrücken ist der Buchtittel und Autorenname eingeprägt worden. Wobei der Autorenname noch mit einer weißen Beschichtung hervorgehoben wurde.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Man fühlt sich schnell hineinversetzt in den Roman. Der Großteil des Romanes besteht aus den Erzählungen der Mutter, die in chronologischer Reihenfolge die Geschehnisse ihrem Sohn wiedergibt. Dies wirkt sehr langatmig, da sie viele kleine Details, die unnötig erscheinen erzählt. Jedoch ist es ein kraftvoller Erzählstil und die immer wiederkehrenden Panikattacken von Daniels Mutter sorgen für Spannung. Jedoch fehlt ein wenig der typische Gänsehautschauer der einen bei einem wirklich guten Psychothriller befällt. Es ist eher ein Krimi mit Thrillerelementen, bei dem man versucht herauszufinden, was wahr ist und was erfunden, wer der Täter ist. Die verschiedenen Charaktere schaffen teilweise eine etwas gruselige Atmosphäre. Interessant ist auch der in die Geschichte eingewobene mystische Aspekt der Trolle, denn Schweden ist ja das Land der Trolle, ihrer Mythen und Sagen.

Tildes Erzählungen sind in den einzelnen Kapiteln sehr gut zu erkennen, da diese Seiten einen kleinen Seiteneinzug haben. So kann man als Leser gut zwischen den Geschehnissen der Vergangenheit und der Gegewart unterscheiden.

Auch wenn einem die Erzählungen von Daniels Mutter teilweise sehr langatmig vorkommen, so ist man doch nach einer Weile in den Bann der Storyline gezogen und fiebert mit. Bis zum Schluß weiß man als Leser nicht, wer hat Recht, wer lügt. Erzählt Daniels Mutter die Wahrheit, oder ist alles ihrer Einbildung entsprungen? Und welche Rollen spielen Daniels Vater und der Nachbar Håkan, was hat sein Vater mit den Vorkommnissen in Schweden zu tun? Was ist wirklich dort passiert? Und was hat es mit dem verschwundenn Mädchen auf sich? All diese Fragen werden am Ende beantwortet und alle Handlungsstränge finden zusammen. Wer keine Gänsehaut wie bei den Psychothrillern erwartet sondern einen Thriller bei dem sich alles nach und nach zusammensetzt und ein vollständiges Bild ohne blutiges Gemetzel ergibt, der bekommt einen Lesegenuß, denn man gut an einem düsteren Abend genießen und miträtseln kann.

Vielen Dank an den Manhattan Verlag für das Rezensionsexemplar.