Rezension

Ein Lesefest

Kinder des Aufbruchs -

Kinder des Aufbruchs
von Claire Winter

Bewertet mit 5 Sternen

"Kinder des Aufbruchs spielt Ende der 1960er Jahre in Berlin. Zwei Ehepaare stehen im Zentrums des Geschehens. Wer wollte, konnte die vier schon im Vorgängerbuch "Kinder ihrer Zeit" kennenlernen aber es ist auch ohne großes Vorwissen möglich, dem Geschehen zu folgen.

 Die Berliner leben in einer seltsamen Welt, umschlossen von den Grenzen der DDR mitten in Zeiten des kalten Krieges. Alice ist als Journalistin oft mitten drin in den Studendenunruhen​, die durch den Tod von Benno Ohnesorg befeuert werden. Als ehemalige DDR-Bürgerin interessiert sie sich auch für Menschen, die Republikflucht begehen wollen und steht noch immer bei der Stasi auf der Beobachtungsliste. Ihr Mann Max versucht als Anwalt denen zu helfen, die durch Enteignung im Zweiten Weltkrieg unrechtmäßig um ihr Hab und Gut gebracht wurden.

Zwillingsschwester Emma freundet sich derweilen mit dem elfjährigen Luca an, der elternlos in einem Heim lebt, ohne zu ahnen, dass der Junge ein gefährliches Geheimnis mit sich trägt. Ihr Mann Julius ist anfangs wenig begeistert von Emmas wachsende Fürsorge für den Halbwüchsigen.

Claire Winter schafft es mal wieder aufs Trefflichste, Fakten und Fiktion engmaschig miteinader zu verweben. Die politische Lage in der BRD war damals angespannt und Berlin mit seiner Teilung ein Brennpunkt für gesellschaftliche Unruhen jeder Art. Viele Ereignisse sind dem Leser sicherlich namentlich bekannt aber die genauen Hergänge nicht wirklich präsent. Man kann also hier durchaus noch etwas Lernen. Allerdings ist es beileibe kein dröges Geschichtsbuch sondern vielmehr die spannende Geschichte lebensechter Menschen, die so oder so ähnlich damals gelebt und geliebt haben. Um die man sich sorgt und mit denen man mitfühlen kann. Einige Nebenfiguren geben dem Geschehen wichtige Wendungen, beschreiben wichtige Geschehnisse. Das Schicksal aller regt sehr zum Nachdenken an und man kann auch wunderbar die Gegenwart reflektieren. Man merkt, dass hier genau und mit Enthusiasmus recherchiert wurde.

Mein Fazit: Claire Winter gehört für mich zu den deutschen Autorinnen, die die nahe deutsche Geschichte und die damalige Stimmung besonders gut einfangen können. Und dabei nie aus dem Auge verliert, dass die Leser gerne auch gut und glaubhaft unterhalten werden wollen. Wie immer ein Lesefest.