Rezension

Ein Leben lang vermisst

Stay away from Gretchen -

Stay away from Gretchen
von Susanne Abel

Bewertet mit 5 Sternen

Ein wirklich toller und sehr gelungener Pageturner , der süchtig macht und die knapp 500 Seiten viel zu schnell dahinschmelzen lässt .

Als der bekannte TV Moderator Tom Monderath von der Polizei einen Anruf erhält , dass er seine 84 jährige Mutter aus einer Klinik in Süddeutschland abholen soll , ist er darüber verärgert . Wieso zur Hölle ist sie mit dem Auto quer durch Deutschland gefahren und wartet jetzt in einem Krankenhaus darauf von ihm abgeholt zu werden. Das Gespräch mit dem Arzt , zieht Tom im ersten Moment den Boden unter den Füßen weg . Zu brutal ist die Diagnose ! Seine Mutter zeigt alle Anzeichen einer Demenz . Tom hatte nie ein enges Verhältnis zu seiner Mam , wie er sie nennt . Nachbarin Helga war ihm näher , als seine immer traurige und nicht belastbare Mutter. Und jetzt auch noch das ..... 

DEMENZ ! …..DEMENZ ……. DEMENZ ! ! ! ! ! ! ! ! ! 

Gretas Demenz hängt wie ein Damoklesschwert über Tom . Doch was er anfangs als ärgerlich und störend für sein scheinbar so perfektes Leben empfindet , entwickelt sich mit der Zeit als Geschenk . Eine nie gekannte Nähe entwickelt sich zwischen Mutter und Sohn . Greta , die sich immer öfter im hier und jetzt verliert , öffnet Tom in ihrer Demenz die lang verschlossene Tür zu ihrer Vergangenheit und ihrem Herzen .Nach und nach erzählt sie aus ihrem Leben , von ihrer Kindheit in Ostpreußen, der Flucht vor den russischen Soldaten im eisigen Winter, der Sehnsucht nach dem verschollenen Vater und von ihrer großen Liebe Bob , dem farbigen Amerikanischen GI und Baby Marie, ihrer Tochter . 

Ich würde mich als anspruchsvolle Leserin bezeichnen , die es liebt, wenn gut recherchierte ,historische Zeitgeschichte und Fiction und zu einem tollen Roman verschmelzen , der dazu noch auf zwei Zeitebenen erzählt wird . 

„Stay away from Gretchen“ erfüllt dies in jeder Beziehung und hat mich von der ersten Seite an begeistert . 

So eine temporeiche , anspruchsvolle und facettenreiche Erzählung mit unglaublich viel Tiefgang, habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet . 

Der Roman erzählt die bittersüße Liebesgeschichte von Greta und ihrem Bob , wie sie im Nachkriegs-Deutschland bestimmt nicht nur einmal passiert ist . Er behandelt aber auch die Situation der Kriegsflüchtlinge von damals und die in der heutigen Zeit . Einfühlsam verknüpft Susanne Abel die brisante Thematik mit den dazugehörigen Nuancen von konstruierter „Willkommens-Politik“ und Ablehnung quer durch die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Gleichzeitig verwebt sie wunderbar ihre Erfahrungen mit der Demenz ihrer Mutter , lässt sie einfühlsam in Gretas Geschichte einfließen und öffnet einen berührenden Abschnitt des Lebens , der zu Herzen geht . 

Ich habe schon sehr viel in diesem Genre gelesen und doch konnte mich Susanne Abel mit der mir unbekannten Geschichte der „Brown Babies“ und ihrem realen Hintergrund in der Nachkriegszeit, überraschen . Davon hatte ich vorher so noch nichts gehört . 

Vom Taschentuch das man benötigt um die Tränen zu trocknen , bis hin zum Lachen , über das sehr bildlich erzählte , ist dieser Roman so voll mit Emotionen aller Couleur , ohne jedoch ins kitschige oder zu sentimentale abzurutschen. 

Selbst wenn ich nicht am lesen war, machte sich Greta und ihre Geschichte in meinen Gedanken breit , nahm mich gefangen und ließ mich nicht los , so einprägsam ist der Erzählstil . 

Ein wirklich toller und sehr gelungener Pageturner , der süchtig macht und die knapp 500 Seiten viel zu schnell dahinschmelzen lässt . 

Für alle die in dem Genre zuhause sind , ein absolutes „must read“ das ich zu 100% empfehlen kann . 

Sehr gerne vergebe ich für diesen großartigen Roman 

5 Sterne ***** 

Für mich persönlich ein ganz tolles Lese-Highlight, das meine höchste Wertung erhält und in mein Regal mit den  Herzensbüchern einziehen darf .