Rezension

Ein interessanter und erschreckender historischer Roman

Ritchie Girl
von Andreas Pflüger

Bewertet mit 5 Sternen

In Camp Ritchie war das Ausbildungslager der US-Armee. Hier wurden auch die Ritchie Boys ausgebildet. Es handelte sich um junge Deutsche – nicht nur Boys -, die gegen die Nazi-Diktatur arbeiten sollten. Auch Paula Bloom kehrt nach ihrer Ausbildung dort als Besatzungsoffizierin zurück nach Deutschland, dass sie vor Jahren Hals über Kopf verlassen hatte. In Nürnberg werden die Prozesse gegen Kriegsverbrecher geführt und die Amerikaner arbeiten pragmatisch mit den Deutschen zusammen, auch wenn diese nicht unbescholten sind. Paula wird auf den österreichischen Juden Johann Kupfer angesetzt, der behauptet, der größte Spion während des Zweiten Weltkrieges gewesen zu sein.
Ich habe schon einige Bücher des Autors Andreas Pflüger gelesen und wollte auch diesen Roman unbedingt lesen. Es ist keine leichte Kost, die uns der Autor hier serviert.
Paula Bloom ist eine sympathische junge Frau, die als Tochter einer deutschen Mutter und eines amerikanischen Geschäftsmannes in Berlin aufgewachsen ist. Nach ihrer Flucht in die USA stellte sie fest, dass ihr Leben eine einzige Lüge war. Sie ist innerlich zerrissen und empfindet Scham und Schuldgefühle. Mit diesen Gefühlen ist sie allerdings nicht alleine, auch ihr Kamerad Sam empfindet so. Paula sieht die verheerenden Auswirkungen des Krieges. Die pragmatische Art der Amerikaner mit der Aufarbeitung der Vergangenheit umzugehen, bringt Paula zur Verzweiflung. Niemand will gewusst haben, was geschehen ist. Keiner zeigt Reue und alle betrachten sich als Opfer. Paula kann den Deutschen nicht verzeihen, aber genauso wenig sich selbst, denn ihr Verhalten hat auch zu Verhaftung und Deportation geführt, ohne dass sie sich dessen bewusst war. Nun versucht sie ihre große Liebe und muss erkennen, dass sie sich auch in Georg getäuscht hatte.
Vieles was hier geschildert wird, ist schwer zu ertragen. Trotzdem hat mich die Geschichte von Anfang an gepackt und ich konnte Paulas Gefühle gut nachvollziehen. Es ist ein Roman, der einen noch lange beschäftigt.
Absolute Leseempfehlung!