Rezension

Ein einwandfreies ausgeklügeltes Rededuell

Schweig! -

Schweig!
von Judith Merchant

Bewertet mit 5 Sternen

Auf psychologischer Ebene eine Spitzenleistung!

Inhalt:
„Am Tag vor Heiligabend fährt Esther in den Wald zum Haus ihrer Schwester, um ihr ein Geschenk und eine Flasche Wein zu bringen. Ein Schneesturm setzt ein. Das Geschenk wird nicht geöffnet. Der Wein schon. Dinge werden gesagt, die besser ungesagt blieben. Und Taten werden begangen, die nie mehr rückgängig gemacht werden können. 

Eigentlich muss Esther ihr Weihnachtsfest mit Ehemann und Kindern in der Stadt vorbereiten: einkaufen, Tanne besorgen – es wäre genug zu tun. Doch ihre Schwester Sue, die seit ihrer Scheidung völlig allein in einem riesigen Haus tief im Wald lebt, geht ihr nicht aus dem Kopf. Und so setzt sie sich ins Auto und fährt los. Aber nur um nachzusehen, ob alles in Ordnung ist und ob Sue zumindest ihre Tabletten nimmt. In die Stadt einladen kann sie sie nicht. Denn was, wenn sie wieder durchdreht – wie letztes Jahr? Am Haus im Wald angekommen, stellt Esther fest, dass Sue sie loswerden will. Was hat sie zu verbergen? Ein Schneesturm setzt ein. Zum ersten Mal seit ihrer Kindheit kommen die Schwestern ins Gespräch, und kein Stein bleibt auf dem anderen – bis eine der beiden zum Messer greift. Während der Schnee alles verdeckt und jedes Geräusch erstickt …"

Schreibstil/Art:
Bereits im Klappentext wird darauf hingewiesen, dass sich die Autorin ein Battle mit zwei unzuverlässigen Erzählerinnen einfallen ließ. Die Versionen werden hier in der Tat verdreht, undenkbare Vorwürfe ausgesprochen und die Schuld wechselweise in die Schuhe geschoben. Meine Sympathie und das zunehmende Misstrauen Sue und Esther gegenüber änderte sich ständig.

Nach dem man eine gute Übersicht über alle Beteiligten bekommen hat, kommen noch zwei weitere Erzählperspektiven dazu. Diese bringen nichts durcheinander, nein, im Gegenteil. Ich hatte eher das Gefühl, dass ich dank der neuen Blickwinkel ein noch besseres Feingefühl für die Schwestern erhalten habe. 
Gut gefallen hat mir außerdem die Fokussierung mehr aus das Innere und die Psyche als auf das Äußere der Hauptfiguren.

Fazit:
Ich wusste bis zum Schluss nicht welcher Schwester ich trauen kann, welche von den beiden die Wahrheit sagt und wie die Geschichte enden wird. Dass sie nicht gut ausgehen kann, wird beim Lesen klar. Denn kleine Anspielungen, dass zum Beispiel nicht alle Weihnachten überleben werden, dramatisiert den Verlauf und kitzelt ein wenig an den Nerven. 

Mich überzeugte hier das Konzept und der unfassbar gut durchdachte Aufbau. Der Schlagabtausch ist nicht ohne, die Schilderungen zu deren Verhalten fraglos aufschlussreich.
Auf psychologischer Ebene eine Spitzenleistung!