Rezension

Ein Ausnahmebuch

4321 - Paul Auster

4321
von Paul Auster

Bewertet mit 5 Sternen

Früher, also damals, als ich noch nicht wusste, dass Bücher möglichst aktuell sein müssen, um lesenswert zu sein, da dachte ich, nur ein dickes Buch ist ein gutes Buch. Klar, ich hatte keine Ahnung, aber ich stelle trotzdem fest: Viele meiner Lieblingsbücher sind unglaublich dick. Dieses hier hat 1264 Seiten und absolutes Lieblingsbuchpotenzial.

Paul Auster traut sich was. Er hat eine verrückte Idee und tut es einfach und das in epischer Breite.
Die vier Leben des Archie Ferguson werden hier aufgerollt. Wie würde ein Leben verlaufen, wenn an entscheidender Stelle andere Voraussetzungen gegeben sind, der Vater stirbt, die Eltern sich scheiden lassen, die beste Freundin in einer anderen Stadt wohnt…

All das spielt er hier durch, jedes Kapitel bietet eine Alternative zum vorhergehenden, das ist verzwickt und faszinierend.
Und ganz nebenbei bekommt man ein Portrait des Amerikas der 60er Jahre, das lebendiger nicht sein könnte. Mir war bislang nicht klar, wie spannend diese Zeit war. Es ist Krieg in Vietnam, Studenten begehren auf, Kennedys werden getötet, Martin Luther King bewegt die Massen.

Hier hat ein Ausnahmeautor ein Ausnahmebuch geschrieben. Ja, man hätte es kürzen können, aber es wäre schade um jedes Wort. Selten liest man dermaßen brillante Sprache, die originell, witzig, elaboriert aber trotzdem leicht lesbar ist. Manch Satz geht über eine halbe Seite und man merkt es kaum.

Ich hatte es aus den Augen verloren, aber ich nehme mir jetzt vor, viel öfter dicke Bücher zu lesen. Es lohnt sich (fast) immer.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 13. Juli 2019 um 14:23

*ggg*.

wandagreen kommentierte am 13. Juli 2019 um 14:28

Das Amerikaporträt fand ich unglaublich toll.

katzenminze kommentierte am 13. Juli 2019 um 15:17

Meine Rede, Sursu, meine Rede! :D (Was die dicken Bücher angeht...) Und wie witzig! Ich war mit Hill auch im 60er Jahre Amerika und hatte mit "Was wäre wenn" Fragen zu tun. Nur, dass es eben bei der Frage blieb... Hmm, hmm, ich denke ich nehme mir Auster fürs nächste Dickebüchercamp vor. 2020. Erinnere mich dran. ;)