Rezension

Dystopie mit beklemmender Atmosphäre

Unsre verschwundenen Herzen
von Celeste Ng

Bird, 12 Jahre alt, lebt in einem Amerika der Zukunft, in dem nach einer schweren Wirtschaftskrise „amerikanische Werte“ idealisiert werden, Menschen mit asiatischem Hintergrund (so wie Bird, dessen Mutter Chinesin ist) werden diskriminiert, systemkritischen Eltern nimmt der Staat die Kinder weg. Bird lebt mit seinem Vater ein trostloses, eingeengtes Leben, bis er sich auf die Suche nach seiner Mutter macht, die die Familie vor Jahren verlassen hat.

Was für eine beklemmende Atmosphäre hat Celeste Ng hier geschaffen. Bird lebt in einer düsteren Welt, er muss sich verstecken, verstellen, stumm  und unsichtbar sein, um nicht in den Fokus von Staat und Polizei zu geraten. Und auch, als er seine Mutter gefunden hat, bleibt das Gefühl von Bedrohung und Gefahr.

Ng beschreibt eine der größten Ängste, die Eltern haben und die ein Staat skrupellos ausnutzt: Ihre Kinder zu verlieren, nicht mehr Teil ihres Lebens zu sein. Sie schreibt über grausame, herzzerreißende Entscheidungen, erzählt von den kleinen Momenten, die manchmal alles verändern können, von Liebe, Trauer, Verlust und auch von Hoffnung, von Geschichten und Büchern, in denen sich Erinnerungen bewahren lassen, die Warnung und Anklage sein können.

Für mich ist „Unsre verschwundenen Herzen“  eines der Bücher, nach denen ich immer suche, eines, das mich berührt und an das ich mich auch nach Jahren noch erinnern werde.