Rezension

Doras Geschichte geht unter

Was von Dora blieb
von Anja Hirsch

Bewertet mit 2 Sternen

Dora und ihre Enkelin trennen 100 Jahre. Isa´s Mutter übergibt ihr einen Karton mit den Habseligkeiten ihrer Großmutter Dora. Durch die Beschäftigungen mit den alten Zeitzeugendokumenten gewinnt Isa nach und nach ein immer genaueres Bild von ihrer Großmutter, die sie als eine doch sehr garstige alte Frau im Gedächtnis hat. Mit Hilfe der Unterlagen begibt sie sich auf eine Zeitreise. Man lernt die junge Dora kennen und ihr doch sehr distanziertes aber auch zeitgenössisches Verhältnis zu den Eltern. Wie sich ihr Leben ändert erst durch den 1. WK, als ihr Vater als ein ganz anderer Mensch heimkehrte. Dann verliert sie ihre ganz große Jugendliebe an ihre beste Freundin. Und ihren großen Zusammenbruch. Wie sie dann auf Druck ihrer Eltern ihre geliebte Kunstschule verlassen und bald heiratete. Das erstärken der Nazis und die Folgen für ihre junge Familie. Wie ihre Jungs traumatisiert und dieses Trauma dann auch noch auf die nachfolgenden Generationen weitergeben wurde.

 

Die Autorin präsentiert eine turbulente und aufregende Zeit so nüchtern und kalt, wie eine Schlaftablette. Zudem ist ihr Erzählstil Zusehens flatterhaft. Die vielen Gedankensprünge und Abschweifungen tun den Roman nicht wirklich gut.

 

War ich anfangs sehr angetan von den konträren Handlungssträngen, die sich aufeinander zu bewegen, war ich am Ende einfach nur noch genervt. Dora sollte ja als Hauptfigur aufgebaut werden, jedoch bleibt diese auch gegen Ende des Romans einfach farblos. Am Ende bleiben mehr Fragen offen als geklärt wurden. Auch das scheinbar wahllose einstreuen von geschichtlichen Fakten hat mich als Leser eher aus dem Lesefluss rausgerissen, als das es der Geschichte gut getan hätte. Von der geschichtlichen Aufarbeitung bzw. Vergangenheitsbewältigung ob nun Opfer- oder Täterperspektive ist auch gründlich schiefgegangen. Teils viel zu oberflächlich bis naiv über ein Gedankenkarussell, dem man nicht wirklich folgen konnte. Zudem konzentriert sich die Autorin in Teil 2 und 3 kaum noch auf die Hauptfigur und konzentriert sich auf den Vater von Isa und dann auf Isa. So wirkt die Geschichte am Ende alles andere als rund und gut durchdacht.

 

Die Autorin schafft es leider nicht dem Leser die Figuren näher zu bringen. Für mich bleibt Dora leider am Ende des Romans immer noch ein unscharfe körnige Fotografie. Besonders aufgestoßen ist mir hierbei, es ihr alles andere als gut gelungen ist fiktionale Teile glaubhaft nichtfiktionale Teile einzubinden. Unglaubwürdig hat sie sich noch dazu gemacht als sie Isa in den Mund legt große Teile fantasievoll ausgeschmückt zu haben. Und als dann noch der Name Dora auch noch mit Zweifel besetzt wurde, habe ich fast die Krise bekommen.

 

Was bleibt denn nun von Dora? Hieß sie überhaupt Dora? Hat die Zeit Dora von dem liebenswürdigen Mädchen zu einer garstigen, kühlen und distanzierten ja gar lieblosen Frau gemacht oder waren es die Menschen und die Umstände? Hat sie sich je wirklich wohl gefühlt in der Rolle der Mutter? Hätte sie im Nachhinein vielleicht etwas anders gemacht?

 

Fazit: Ich hatte mich wirklich auf dieses Buch gefreut und die Geschichte darin. Jedoch hat ich leider gar keine Freude an der Geschichte. Die Autorin hat es nicht geschafft mich zu fesseln und zu unterhalten. Die Figuren blieben farblos und oberflächlich nicht zuletzt durch die kühle und distanzierte ja flatterhafte Erzählweise. Ich denke es gibt da wesentlich bessere Bücher die sich mit der Vergangenheitsbewältigung auseinandersetzen. Leider ein wirklich enttäuschender Roman.