Rezension

die Abgründe der Seele sind tief, super Buch!

Die Eisbärin - Matthias Gereon

Die Eisbärin
von Matthias Gereon

Bewertet mit 5 Sternen

Bereits der Klappentext verspricht eine Reise hin zu den Abgründen der Menschheit und das Buch hält, was es verspricht. Sabine ist seit ihrer Kindheit schwer gezeichnet und hat es nur mühsam geschafft, sich ein halbwegs normales Leben aufzubauen, ohne jeden Tag an den schrecklichen Missbrauch denken zu müssen. Als sie nach vielen Jahren ihren Peiniger wiedertrifft, wird sie von schrecklichen Flashbacks heimgesucht, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen. Ihr wackeliges Schutzsystem bricht zusammen, ihre einzige Chance sieht sie darin, nicht länger das Opfer zu sein.

Sabine ist ein sehr interessanter Charakter, der sich von verschieden Seiten zeigt. Auf der einen Seite ist sie die liebevolle Mutter, die alles in ihrer Macht stehende tut, um ihre kleine Tochter zu schützen, vor all dem Bösen, das draußen in der Welt auf sie lauert. Sie ist auch bemüht eine gute Ehefrau zu sein, was ihr zunehmend schwerer fällt, da ihr Mann nicht genug von ihrer Vergangenheit weiß. Die andere Seite, sie Sabine sehr deutlich zeigt ist die des Racheengels. Sie hat sich in den Kopf gesetzt den Spieß umzudrehen, nicht länger unterdrückt und beherrscht zu werden. Auch wenn es nachvollziehbar ist, wie sie zu diesen Gedanken kommt, geht sie zu weit und verliert vollkommen den Überblick. In meinen Augen ist Sabine ein Opfer ihrer Selbst geworden, sie verliert jeglichen Bezug zur Realität und hat nur noch das Ziel vor Augen, ihre Tochter zu beschützen und ihr das zu geben, was sie niemals hatte.

So wie Sabine dargestellt wird, ist sie in meinen Augen sehr authentisch, dennoch habe ich immer eine gewisse Distanz zu ihr gewahrt. Die Entscheidung, was ich von ihr halten soll, war nicht leicht und eigentlich habe ich sie nicht vollständig getroffen. Sabine ist ein Charakter, den man einfach auf sich wirken lassen sollte um selbst zu entscheiden.

Die Kriminalpolizisten stellten eine sehr vielfältige Mischung an Charakteren da, jeder konnte da seine kleinen Eigenheiten mit einbringen und die Ermittlungen auf seine Art vorantreiben. Besonders im Mittelpunkt standen da Klein und Bergmann, die als Partner sehr gut zusammen arbeiten und sich nicht so schnell den Mut nehmen lassen.

Es gab noch eine Vielzahl anderer Personen, die mal mehr mal weniger ausgeschmückt vorgestellt wurden. Insgesamt gab es also ein breites Feld an interessanten Charakteren, die die Geschichte zusätzlich abwechslungsreich gemacht haben.

Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, man kann der Handlung gut folgen ohne das Verständnisprobleme auftauchen. Besonders gut gefallen haben mir die kurzen Kapitel und die schnellen Szenen- und Perspektivwechsel, durch die die Handlung zügig vorangetrieben und eine enorme Spannung aufgebaut wird. Die Angaben von Datum und Zeit halfen bei der Orientierung im Buch, der Leser wusste immer genau, wie viel Zeit vergangen war und welche Handlungen etwa parallel laufen. Sehr schön fand ich auch die Einblicke in die polizeilichen Ermittlungen, die sehr realistisch wirkten.

Die Gestaltung des Covers gefällt mir ganz gut. Es gibt zwar nur wenige Elemente, aber auch diese sind eindrucksvoll und erzeugen schon eine leicht düstere Stimmung. Besonders schön ist der Bezug zum Titel, der im Verlauf des Buches hergestellt wird und die Titelwahl dadurch noch einmal unterstreicht.

„Die Eisbärin“ ist ein Buch, dass den Leser zum Nachdenken bringt. Trotz der Spannung und der schaurigen Taten, gibt es einem die Möglichkeit sich in die Charaktere einzufühlen und sich Gedanken zu machen, ob man an ihrer Stelle genauso gedacht, gefühlt und gehandelt hätte. Nichts für schwache Nerven, aber auf jeden Fall zu empfehlen!