Rezension

Der Funke ist nicht übergesprungen

Dance into my World
von Maren Vivien Haase

Ein wenig overhyped, aber dennoch ein netter Einstieg in eine vielversprechende neue New Adult-Reihe

Mit "Dance into my World" ist am 20.09.2021 endlich das lang ersehnte Debüt von Autorin Maren Vivien Haase im Blanvalet Verlag erschienen. Gleichzeitig ist es der Auftaktband zu einer neuen New Adult Reihe rund um das "Move District" Tanzsstudio in New York.

Alle Wege führen in die Stadt, die niemals Schläft. So auch die von Jade, die nicht nur an der Parsons School in New York Modedesign studieren will, sondern auch dringend das traumatische letzte Jahr in ihrer Heimatstadt Beckhaven hinter sich lassen möchte.
Und so heißt es für sie ab sofort: Neue Stadt, neue Wohnung und neuer Job.
Nur den Punkt mit den neuen Freunden kann Jade nicht so richtig in Angriff nehmen. Zu viel ist passiert, zu viel von ihrem Vertrauen verloren gegangen, als dass sie sich anderen Menschen wieder öffnen könnte. Doch zum Glück gibt es Olivia. Wie Jade, jobbt auch sie in demselben Café und mit ihrer herzlichen, mitreißenden Art, gelingt es Olivia sich langsam an Jades sorgsam errichteten Barrieren vorbeizutänzeln. Und weil die passionierte Tänzerin nicht dafür bekannt ist, locker zu lassen, gelingt es ihr sogar, Jade zu einem Besuch in ihrer Tanzschule, dem "Move-District-Studio" zu bewegen - nichts ahnend, dass sie dort auf Austin treffen wird. Der sympathische Tänzer hat etwas an sich, das Jades Herz zum Stolpern bringt. Aber wie kann sie jemandem vertrauen, der sich als größter Playboy des Move-District herausstellen könnte? Und wie kann sie sich auf ihn einlassen, wenn ihre Vergangenheit droht sie einzuholen...?

Was als vielversprechende Geschichte auf meinem Bücherstapel gelandet ist, hat mich leider - und hier muss ich ehrlich sein - etwas enttäuscht zurück gelassen. Die Idee rund ums "Move-District" und auch Tanzen, etwas so Visuelles, in ein Buch einzubinden, finde ich genial und das war es am Ende auch, was "Dance into my World" für mich lesenswert und interessant gemacht hat.

Debüt-Romane sind für mich immer spannend, da man einen ganz neue*n Autor*in und damit einen vollkommen neuen Schreibstil kennenlernt. So war es auch hier und ich muss sagen, dass mir der Schreibstil von Maren Vivien Haase insgesamt gut gefallen hat. Er ist flüssig und lebhaft, lässt Bilder und Figuren entstehen und hat einen Sog, der den Leser einzufangen versteht. Mir ist der ein oder andere (nach meinem Empfinden) verschachtelte Satz aufgefallen und ein paar Wiederholungen (Jade errötet wirklich sehr oft), aber ansonsten hat sich bei mir mit der Zeit ein guter, Stolper-freier Lesefluss eingestellt.
Ich persönlich bin auch kein übermäßiger Fan von zu vielen Anglizismen, die hier nicht selten im Text aufgetaucht sind, aber man gewöhnt sich daran, dass die Figuren so sprechen.
Ganz toll hingegen fand ich, wie es der Autorin gelungen ist, den New Yorker Herbst und diese ganz besondere Atmosphäre Brooklyns lebendig werden zu lassen. Dem lässt sich direkt hinterher setzen, dass auch die Dynamik im "Move-District" super authentisch dargestellt war. Das Treiben im Empfangsbereich, der Umgang der Tänzer untereinander, aber auch ganz besonders die Emotionen beim Tanzen und die Durchführung von Bewegungen war ungemein gut vorstellbar und lebendig. Man merkte hier deutlich, dass die Autorin selbst Tänzerin ist.

Inhaltlich hat mich "Dance into my World" nur teilweise überzeugen können. Es ist eine gewisse Spannung drin und gemessen an Jades Vergangenheit, macht es auch Sinn, dass sie bei all ihren Vertrauensproblemen und Ängsten Zeit braucht, um sich Austin zu nähern. Aber all diese interessanten Entwicklungen treten erst viel später ein. Ich erinnere mich, dass ich bei Seite 80 ca innegehalten habe und darüber nachdachte, dass bis dahin im Grunde nichts passiert ist, außer dass man Jades Alltag ein wenig kennenlernt. Es war fast schon ein bisschen langweilig und ich habe nur darauf gewartet, dass endlich etwas passiert.
Durchweg behielt die Handlung ein eher mäßiges Tempo bei, aber da irgendwann inhaltlich mehr dazu kam, war das so auch in Ordnung. Überrascht hat mich dann, dass gerade der Schluss, in dem doch ziemlich viel und sehr Wichtiges passiert, eher schnell abgehandelt wurde, damit alle losen Fäden noch zusammen finden.
Insgesamt hätte der Spannungsbogen meiner Meinung nach etwas ausbalancierter sein können.
Was mich leider sehr gestört hat, war die Einbindung von Jades Vergangenheit in die Handlung. Was genau hinter ihrer traumatischen Vergangenheit steckt, erfährt man erst sehr spät in der Geschichte, obwohl einem schon eher klar wird, was passiert sein könnte. Bis dahin wird alle paar Seiten eine Panikatacke, ein Gedankenkarussell aus Zweifeln oder eine Andeutung eingestreut, die dem Inhalt nach identisch zu den vorherigen ist, nur eben in anderen Worten verpackt wurde. Es verliert nicht nur den Reiz, das "Geheimnis" herausfinden zu wollen, sondern wird bisweilen auch etwas nervig, immer nur dasselbe zu lesen, ohne dass es die Story voran bringt.

Die Charaktere von "Dance into my World" haben mich ebenfalls mit gemischten Gefühlen zurück gelassen, denn es waren eher Nebenfiguren wie Olivia, die mich begeistert haben.

Mit Jade hingegen hatte ich meine Probleme warm zu werden. Ihr Leben ist geteilt in zwei Abschnitte: Vor New York und New York. Dadurch dass man aber wie gesagt erst spät erfährt, was vor New York passiert ist, war ihr Charakter für mich zu lange zu eindimensional. Es scheint, als sei sie nur definiert durch ihre Vergangenheit. Von ihrer wahrhaftigen Persönlichkeit hingegen kommt nicht wirklich etwas an.
Ein Aspekt, der sie durchaus interessant machen könnte und vorallem etwas leidenschaftlicher, wäre ihr Interesse an Modedesign. Anders als etwa beim Tanzen, kam in dieser Hinsicht bei mir jedoch nichts an. Es ist natürlich klar, dass der Tanz in einem Buch übers Tanzen einen gesonderten Stellenwert einnimmt, aber wenn die Protagonistin eine zweite, sehr wichtige Leidenschaft hat, nämlich die Mode, würde ich hier gerne dieselbe Hingabe spüren. Die Liebe zum Detail, die bei den verschiedenen Tanzmoves so gut rüberkommt, fehlte mir hinsichtlich Jades "Berufung" zur Modedesignerin.

Emotional war es mit ihr ein hin und her und obwohl ich ein wenig Sympathie für sie aufbringen konnte, ging diese aufgrund ihres Verhaltens gegen Ende des Buchs wieder verloren. Ihr Handeln und ihre Reaktion waren für mich einfach nicht nachvollziehbar und auf gewisse Weise auch widersprüchlich.

Austin auf der anderen Seite war nett, aber auch lange Zeit nicht wirklich greifbar, dadurch dass er erst sehr spät in die Geschichte eingebunden wird und man ihn nur aus Jades Perspektive kennenlernt. Sie hält ihn auf Abstand und denkt sich ihre Sachen über ihn, die nur wenig mit seiner eigentlichen Persönlichkeit gemein haben. Es ist also reichlich schwer ihn besser kennenzulernen, dennoch war er mir sympathisch. Einfach ein richtig guter Kerl, bei dem man vielleicht die ein oder andere Ecke oder Kante vermisst. Zum Ende hin bekommt er aber etwas mehr Substanz.

Unterm Strich hat mich "Dance into my World" also nicht so vom Hocker gehauen wie ich es angesichts des Riesen-Hypes erhofft hatte. Die Probleme mit der Hauptprotagonistin haben es mir schwer gemacht, die Handlung wirkte auf mich teilweise etwas zu konstruiert und Jade und Austin haben mich Emotional nicht wirklich erreicht.
Trotzdem muss ich anerkennen, dass die Geschichte sehr durch das Setting und Tanzen besticht. Die Atmosphäre im "Move District" hat mich total abgeholt und allein deshalb werde ich es mit Teil 2 der Reihe "Step into my Heart" nochmal versuchen. Was "Dance into my World" betrifft, betrachte ich es als netten Einstiegsband, den man gut lesen kann und der Lust auf mehr macht.