Rezension

Der feine Herr Papen

Der Markisenmann -

Der Markisenmann
von Jan Weiler

Bewertet mit 4 Sternen

Kurz vor ihrem 16ten Geburtstag ändert sich Kims Leben komplett: sie lernt ihren leiblichen Vater kennen. Nicht nur das, sie soll direkt die Sommerferien bei ihm verbringen; in einer alten Fabrikhalle, irgendwo in der Nähe vor Duisburg. Dort bestreitet er eher schlecht als recht seinen Unterhalt mit dem Vertrieb alter (potthässlicher) DDR-Markisen. Klar, dass die Teenagerin auch da die ein oder andere zündende Idee zu hat.

Jan Weilers Roman hat mir unerwartet gut gefallen, bisherige Romane vom Autor konnten mich nicht so recht abholen. Seine Geschichte um die taufrische Vater-Tochter-Beziehung jedoch hat mich zumeist überzeugt. Ein melancholischer Unterton zieht sich zwar durch das ganze Buch, doch trotzdem wirkt es nicht bedrückend. Im Gegenteil, denn viele Situationen sind urkomisch, ohne, dass es je gekünstelt wirken würde. Kim hat ihren eigenen Kopf, eine etwas aufbrausende Art, da ist ihr ruhiger, manchmal fast passiver Vater ein guter Gegenpol. Der hat zwar keine Ahnung von Kindererziehung, macht aber instinktiv für Kim (fast) alles richtig. Für sie ist der Übergang zwischen einem Leben im Überfluss und Papas Bleibe in einer Fabrikhalle, die Tatsache, dass vielleicht nicht jeder Cent, aber doch jeder Euro zweimal umgedreht wird, eine völlig neue Erfahrung. Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie sie lernt was im Leben wirklich zählt und ein gutes Stück erwachsen wird. „Der Markisenmann“ ist nicht nur eine etwas untypische Coming-of-Age-Geschichte, sondern auch ein unterhaltsamer Roman, der fast mühelos ganz unterschiedliche Themen in sich vereint. Mir hat er wirklich gut gefallen.