Rezension

Den Erwartungen leider nicht entsprochen

Der Fall des Präsidenten
von Marc Elsberg

Bewertet mit 3 Sternen

Athen, Griechenland. Als der Ex-Präsident Douglas Turner in Griechenland zu einem Besuch eingeladen wird, wird er dort sofort verhaftet. Zuständig für die Verhaftung ist der ICC, der Internationale Gerichtshof. Vor Ort die junge Juristin Dana Marin. Sie soll eigentlich nur die Verhaftung beaufsichtigen.

 

Die Verhaftung schlägt jedoch so große Wellen, dass sie völlig auf sich alleine gestellt in die Gerichtsverhandlung muss. Ihr zur Seite steht nur ein griechischer Jurist, der ihr aber auch nicht sehr viel weiter helfen kann. Eigentlich geht es nur darum, ob die Verhaftung des Ex-Präsidenten rechtskonform abgelaufen ist oder nicht.

 

Der Ex-Präsident schmachtet im schlimmsten Gefängnis von Athen. Währenddessen von anderer Seite bereits die Befreiung geplant wird.

 

„Der Fall des Präsidenten – HB“ ist ein Thriller aus der Feder des Autors Marc Elsberg.

 

Ich fand die Inhaltsangabe mega spannend, also musste ich das Buch auf jeden Fall hören. Der Sprecher Dietmar Wunder hat wieder eine fantastische Arbeit geleistet. Wie immer habe ich ihm gerne gelauscht.

 

Nennt mich kleinlich, doch der Titel des Buches ist schon falsch. Es geht hier nicht um den Präsidenten, sondern um den Ex-Präsidenten. Ich dachte nämlich, nach dem Titel würde auch noch der amtierende Präsident in dieses Thema mit hinein gezogen. Es geht jedoch nur um den Ex-Präsidenten. Man sollte den Titel eventuell etwas anpassen.

 

Dazu kommt, dass ich einen „vollständigen Fall“ erwartete. Verhaftung, Gericht in Athen und Verhandlung in Den Haag. Da habe ich leider viel zu viel erwartet. Es geht in dem kompletten Buch wirklich nur darum, ob der Ex-Präsident jetzt rechtens verhaftet wurde oder nicht. Es ging nur um die Prüfung, ob ihm seine Rechte vorgelesen wurde, ein Dolmetscher dabei war etc.

 

Das Gericht prüfte ewig lange die Beweise, wozu es eigentlich überhaupt nicht befugt war. Und das dauerte fast das ganze Buch über. Was soll ich sagen, das Buch wurde von Minute zu Minute langweiliger.

 

Dazu kam eine Szene, in der eine Familie erschossen wurde, was gar nichts mit dem Fall des Präsidenten … Ex-Präsidenten zu tun hatte. Warum wurde die Szene erwähnt? Ebenso die Leidensgeschichte von Dana Marin in ihrer Kindheit. Man kann hier natürlich auf das Mitleid der Leser pochen. Ja, Krieg ist nie etwas Schönes. Die Abschnitte hatten hier im Buch aber ebenso nichts zu suchen, wie die Ermordung dieser Familie. Es gab einfach keinen Zusammenhang mit diesem Fall des Ex-Präsidenten. In einem Buch hätte ich sie überblättert, im Hörbuch habe ich sie halt gehört und mich gefragt, wann das noch wichtig werden sollte.

 

Interessant war, wie weit die USA gehen würden, um ihren Ex-Präsidenten zu retten. Ich denke, in Wirklichkeit wäre das auch nicht anders. Dass ein amerikanischer Präsident großkotzig ist, kann man so auch stehen lassen. Wobei amerikanische auch nicht anders sind, als die Präsidenten aus manch anderen Ländern. Genauso wie der Dreck, den sie am Stecken haben. Wenn man einen nach Den Haag zerrt, müsste man fast alle dort hin zerren und anzeigen.

 

Wenn man das Buch mächtig gekürzt hätte, dafür noch die Verhandlung in Den Haag dazu geschrieben hätte, wäre die Story echt Bombe geworden. Warum es hier aber stundenlang nur darum ging, ob Turner jetzt in allen vier Punkten anständig verhaftet wurde oder nicht, weiß ich bis jetzt noch nicht. Gut, das war auch noch einigermaßen zu verkraften. Ab dem Zeitpunkt, als ich merkte, dass es gar nicht mehr nach Den Haag gehen kann, langweilte ich mich dann auch nicht mehr ganz so sehr. Ich wusste dann ja, es wird nicht mehr spannender.

 

Als dann aber noch in die über Stunden gehende, ich nenne es mal Endschlacht ging, wurde es mir fast zu viel. Muss man wirklich stundenlang diese Flucht beschreiben? Mein Hirn driftete mehrmals weg und ich hörte stellenweise schon gar nicht mehr zu.

 

Der Fall war leider so gar nicht mein Fall. Ich hatte mir wirklich mehr von dem Titel versprochen, auch gerade wegen dem Autor des Buches. Ich wurde hier leider mehr als enttäuscht.

 

Auch die Personen waren nicht sympathisch. Dana Marin war irgendwie blass, auch wenn sie sich anstrengte. Was dann der Rückblick in ihre Kindheit auch nicht besser machte. Hier wurde auch nicht wirklich etwas ausgebaut. Was macht man in einem fremden Land, wenn man nur noch das Bargeld zur Hand hat, das man gerade im Geldbeutel hat? Dana hat sich da überhaupt keine Gedanken darüber gemacht. Es wurde auch gar nicht mehr groß Thematisiert. Ich fand das schon als mächtig bedrückend, wenn man nur noch seine Barschaft zum Leben hat. Oder hat man als junge Juristin in einem fremden Land so viel Bargeld im Geldbeutel, dass man sich keine Sorgen zu machen braucht?

 

Die Leute um Dana kamen auch nicht wirklich richtig ins Licht. Alexander, gut, böse, gut? Seine Freunde, die Spezialisten, die alles konnten, ja klar. Welch ein Zufall und wie praktisch.

 

Die Amerikaner, egoistisch, großkotzig, rechthaberisch. Klar, wie kann man es auch wagen, in Griechenland einen Ex-Präsidenten verhaften zu lassen.

 

Und am Ende zählt irgendwie nur die Meinung des Mobs, der verlangt, den Ex-Präsidenten zu richten, anstatt dass dies der Richter im Amt tut. Ich weiß nicht, will man wirklich, dass Leute in Facebook, Twitter und Co. über Leute richten, anstatt die Richter in den Gerichtshöfen?  

 

Den griechischen Juristen, vom Hörbuch her weiß ich den Namen nicht mehr, und die Befreiungstruppe an sich fand ich ganz gut.

 

Ein Viertel des Buches war spannend, der Rest für mich leider eher langweilig. Ein paar Personen waren gelungen, viele nicht. Es gab viele unnötige Szenarien, die nichts mit dem eigentlichen Fall zu tun hatten. Dazu gemischt ein genialer Sprecher. Mit Hängen und Würgen vergebe ich hier dann noch die drei Sterne.