Rezension

Das Buch will mehr, als es kann

House of Secrets - Der Fluch des Denver Kristoff - Chris Columbus, Ned Vizzini

House of Secrets - Der Fluch des Denver Kristoff
von Chris Columbus Ned Vizzini

Bewertet mit 3 Sternen

Weil ihr Vater seinen Job verloren hat, müssen die Geschwister Walker- die wissbegierige Cordelia, der sportliche Bendan und Nesthäkchen Eleonor- mit ihren Eltern in ein unerwartet günstiges, altes Haus an der Küste San Franciscos umziehen. Schon während des Besichtigungstermins überkommt Brendan das Gefühl, etwas könne ganz und gar nicht mit dem beeindruckenden Anwesen im Allgemeinen und der im Garten stehenden Engelsstatue im Speziellen stimmen und diese Befürchtung soll sich am Tage des Einzugs bestätigen. Die Statue gibt sich als verzauberte Tochter des ehemaligen Grundstückseigentümers Denver Kristoff zu erkennen und zieht die Geschwister hinein in die Romanwelten ihres Vaters- und tief in eine Reihe von Abenteuern, in denen es sich zu behaupten gilt.

Vorab möchte ich festhalten, dass ich die dem Roman zugrunde liegende Idee wirklich schön und phantasievoll finde- die Umsetzung jedoch konnte mich leider ganz und gar nicht überzeugen und dazu haben vielerlei Aspekte beigetragen.

Zunächst einmal finde ich nicht, dass die drei Geschwister in ihrer Gesamtheit übermäßig sympathisch erscheinen. Die kleine Eleonor ist von allen die liebenswerteste und auch mit ihrer zuweilen neunmalklug wirkenden ältere Schwester kam ich über weite Strecken zurecht, Brendan jedoch strapazierte nicht wenige Male meine Nerven, so dass es mir schwer fiel, mich vollends mit den Hauptcharakteren der Geschichte zu identifizieren.

Wie selbstverständlich nehmen sie den Umstand hin, dass es magische Kräfte gibt, die Dahlia, die Tochter des Schriftstellers Denver Kristoff, in eine Windfurie verwandelt und sie selbst in eine verzauberte Welt mit Piraten, Riesen und überdimensionalen Insekten befördert haben. So weit, so gut. Das für mich größte Manko ist jedoch, dass die drei in einem fort mit brenzligen, geheimnisvollen und abenteuerlichen Situationen konfrontiert werden, die sie allesamt glanzvoll meistern, aber immer nur ganz knapp.

Grundsätzlich löblich ist die kindgerechte Unterteilung des Romans in 77 Kapitel (zuzüglich Epilog), die jeweils etwa acht Seiten stark sind, jedoch endet jedes einzelne dieser Kapitel mit einem Cliffhanger, so dass schnell das Gefühl aufkommt, man stecke mitten in einem actionlastigen Kinofilm. Weder die Walkers noch der Leser erhalten so die Gelegenheit, das Erlebte zu reflektieren; an jeder Ecke knallt, spritzt und scheppert es und die berechtigte Frage kommt auf, ob Chris Columbus und Ned Vizzini nicht tatsächlich einen Kinofilm im Gedächtnis gehabt haben mögen, als sie diesen Roman niederschrieben.

Aus Sicht eines deutschen Lesers zuletzt- und in Hinblick darauf, dass auch in zwanzig Jahren vielleicht noch ein Kind zu diesem Buche greifen können möchte- halte ich es für eher ungünstig, vielerlei Bezüge zu aktuellen Filmen, Musikern, Spielen und ähnlichen, mitunter nur bedingt bekannten Personen oder Sachen herzustellen. Lady Gaga mag jetzt vielleicht noch ein Begriff sein, „the Undertaker“ musste ich als sportlich nur mäßig bewandte Leserin aber bereits nachschlagen und so dürfte das Lesen in einigen Jahren mühselig werden, wenn keinerlei Bezug mehr zu den verwendeten Bildern bestehen, die die Geschichte im Moment noch sehr anschaulich werden lassen.

Trotz der wunderschönen Umschlaggestaltung, durch die ich auf den Roman überhaupt erst aufmerksam wurde und der für mich aus der Geschichte zu ziehenden Moral, dass Geschwister, wenn es drauf ankommt, gemeinsam stärker sind, hat mich das Buch leider ein wenig enttäuscht und punktet nur über seine Ideenvielfalt und den angenehm zu lesenden Schreibstil.