Rezension

Chrstine Drews lässt uns auf eine unglaubliche, empowernde Reise fliegen

Freiflug -

Freiflug
von Christine Drews

Im Roman „Freiflug“ handelt es sich um eine fiktive Geschichte der realen Pilotin Rita Maiburg, die sich bei der Lufthansa beworben hatte, aber jedoch abgelehnt wurde. Aufbauend auf dieser Geschichte breitet Christine Drews die Geschichte der Anwältin Katharina Berners auf. Die Perspektiven wechseln zwischen Katharinas und Ritas hin und her, wobei es sich nicht um die Sicht einer Ich-Erzählerin handelt. Dennoch erfährt man die Gedanken und Gefühle der Protagonistinnen. Neben dem spannenden Fall bezüglich der Absage dreht sich die Geschichte viel mehr um die Anwältin Katharina. Wir erfahren über ihre Vergangenheit und Gegenwart deutlich mehr als über die Pilotin Rita Maiburg. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass Rita Maiburg eine eher hintergründige Rolle im Roman spielt, auch wenn wir ebenfalls in ihren Alltag eintauchen und diesen kennenlernen. Je weiter der Verlauf der Handlung geht, desto stärker fokussierte sich Drews auf die Anwältin. Ich hatte das Gefühl, dass gerade diese fiktive Figur der Autorin mehr Sicherheit gab, dadurch dass sie hier ihre Fantasie mehr Platz geben konnte, als es bei Rita Maiburg der Fall gewesen wäre. Dennoch war das für mich keineswegs schlecht, da Katharina als Anwältin in den 1970er Jahren reichlich Themen bot, die mich brennend interessierten.

Drews‘ Roman spricht viele Themen bezüglich der Gleichberechtigung von Mann und Frau an. Katharina wird innerhalb der Familie ständig für ihren Beruf und ihr Singledasein kritisiert. Mit 35 Jahren galt sie bereits als alte Jungfer und erst ein Mann würde sie nach ihrer Familie vollständig machen. Hinzukommend produzierte ihr Vater als Waschmittelfabrikant sexistische Werbespots, die er selbst als konservativ bezeichnete. Damit kritisiert der Roman die Geschlechterrollen der 70er Jahre. Wobei im weiteren Verlauf deutlich wird, dass sich innerhalb der Geschichte ein kleiner Wandel in den Köpfen der Menschen vollzieht. Auch die Begründung bezüglich der Ablehnung von Rita Maiburg als Pilotin werden im Roman thematisiert, dabei war die Begründung der Anwälte vor dem Gerichtsprozess folgende: „Zudem ist es Passagieren und Kollegen nicht zumutbar […] mit einer Frau im Cockpit zu fliegen, die ihre Periode hat. In dieser Zeit ist eine Frau nicht fähig, sich zu konzentrieren. Bauch- und Rückenschmerzen beeinträchtigen ihre Leistungsfähigkeit zusätzlich.“ (S. 281-282) Damit werden Ungleichberechtigungen als notwendig argumentiert, was der Roman durchaus kritisiert.

Die Geschichte war in sich stimmig und durchaus interessant. Ich habe die Geschichte in einem Rutsch weggelesen und hätte zu weiteren Seiten nicht nein sagen können. Gerade aufgrund des Schreibstils der Autorin, der einen unverzüglich in seinen Bann gezogen hat. Ich würde zum jetzigen Zeitpunkt den Roman sogar als Jahreshighlight bezeichnen. Auch wenn der erste Eindruck des Buches vermuten lässt, dass Rita Maiburg hauptsächlich thematisiert wird, was für mich eher weniger der Fall war, muss man dennoch sagen, dass es sich lohnt diesen Roman zu lesen. Katharina Berner ist eine vielschichtige Figur, die nicht nur positiv gezeichnet wurde, sondern durchaus ihre Schwächen in mehreren Szenen durchscheinen lässt. Ich würde den Roman definitiv weiterempfehlen.