Rezension

Brutal und spannend

Otmars Söhne
von Peter Buwalda

„Otmars Söhne“ heißt der erste Teil des als Trilogie angelegten Romans von Peter Buwalda. Inhaltlich sehr facettenreich angelegt, wird der Leser mit verschiedenen Themenfeldern konfrontiert: unter anderem der Suche nach den eigenen Wurzeln des Jungen Dolf, dem seltsamerweise sein Stiefvater viel liebevoller und verständnisvoller begegnet als seinem eigenen Sohn und gefeierten Wunderkind Dolf. (Die Namensgleichheit bewirkt, dass der erstgenannte Dolf sich von seinem Vornamen trennen muss, - er heißt daraufhin Ludwig - sein Stiefbruder hat ja bereits eine aufsehenerregende Karriere eingeschlagen, von ihm ist also keine Namensänderung zu verlangen. Dafür plagt er sich mit anderen Problemen herum ...) Ludwig glaubt seinen leiblichen Vater in Johan Tromp im fernen Sibirien gefunden zu haben, zögert aber noch, diesen zur Rede zu stellen. Reichlich skurril, wenn auch nicht unsympathisch sind Ludwigs abstruse Schwierigkeiten mit dem weiblichen Geschlecht. Im Verlauf des Romans treten immer wieder sehr bizarre Situationen und lustige Episoden auf - sehr komisch ein verbissen geführter Kampf um gelbe Schaumgummi-Ohrenstöpsel.
Bisweilen sehr verstörend wirken dagegen Szenen von extremer Gewalt und perversen sadistischen Sexualpraktiken. 
Im Zusammenhang der von familiärer Vorbelastung investigativ arbeitenden Journalistin Isabelle Orthel ist für das Empfinden des Lesers nicht immer nachvollziehbar, warum diese zur Erreichung ihres Zieles, Johan Tromp seiner vielen skrupellosen Vergehen und Grenzüberschreitungen  zu überführen, selbst weit über das Ziel hinausschießt und sich zur Gespielin Tromps erniedrigen lässt.
Auf der äußeren zeitlichen Handlungsebene erlebt der Leser eigentlich nur ein paar Tage im eisigen Schneesturm der sibirischen Insel Sacharin, auf der die Hauptprotagonisten mit ihren je eigenen Anliegen aufeinandertreffen. Meisterhaft verflochten werden jedoch gemäß moderner Erzählweise die Perspektiven und Gedankenwelten der verschiedenen Protagonisten, die immer wieder in langen Passagen in ihren Erinnerungen versinken; aus diesen Erinnerungsfetzen baut sich allmählich ein immer verzweigteres klareres Wissen um Hintergründe und Zusammenhänge auf. In dieser brillanten Erzähltechnik liegt die eigentliche Faszination des Romans. 
Es bleiben einige spannende Leerstellen, deren Erzählfäden in den weiteren Romanteilen wieder aufgegriffen werden müssen.