Rezension

Briefroman mit leichten Längen…

Das Versprechen, dich zu finden - Anne Youngson

Das Versprechen, dich zu finden
von Anne Youngson

Bewertet mit 3 Sternen

In ihrem Debutroman „Das Versprechen, dich zu finden“ schildert Autorin Anne Youngson die enge Freundschaft zwischen der Britin Tina Hopgood und dem Dänen Anders Larsen , die sich aus einem eher spontanen und zufälligen Briefwechsel ergibt.

Die fast 60jährige Tina, die als Bäuerin in East Anglia lebt, schreibt unter dem Eindruck des Verlusts ihrer langjährigen Freundin Bella, mit der gemeinsam sie immer den Tollund-Mann, eine dänische Moorleiche, besichtigen wollte, dem Professor, der die damaligen Ausgrabungen leitet. Es antwortet an seiner Statt der Anders, der Kurator des Silkeborg-Museums, in dem der Tollund-Mann ausgestellt ist.

Ich muss gestehen, der Einstieg in die Geschichte war ein wenig umständlich, auch die ersten Briefe ziemlich hölzern, selbst wenn man im Nachhinein weiß, dass Tina durch Bellas Tod aufgeschreckt wurde und relativ impulsiv den ersten Brief geschrieben hat. Aber die folgenden Briefe werden persönlicher und dadurch auch leichter lesbar. Nach den ersten Formalitäten entwickelt sich zwischen Tina und dem gleichaltrigen Anders ein lebhafterer Briefwechsel. Man gewinnt Einblick in die Gedanken und die Geschichte der beiden.

Ich kenne mit „Gut gegen Nordwind“  oder „Email für Dich“ Beispiele, wie sich aus Emails eine Beziehung entwickelt, die vorliegende Geschichte ist jedoch aufgrund der Persönlichkeit von Tina und Anders und ihres Lebensalters wesentlich ernsthafter. Sie nehmen durch die Briefe an den anderen quasi einen Rückblick auf ihr bisheriges Leben vor, ziehen Bilanz und das Ergebnis ist durchaus gemischt. Insofern ist der Roman nicht der leichte Liebesroman, den man vielleicht nach dem Klappentext erwarten könnte. Auch das Ende ist durchaus offen.

Interessant finde ich die retrospektive Betrachtung ihres Lebens mit einer gewissen Nüchternheit, jedoch ohne Verbitterung. Tina hat durch eine frühe, ungeplante Schwangerschaft ihr Leben in eine Richtung gelenkt, die sie nicht mehr ändern konnte, Anders war durch seine psychisch kranke Ehefrau in festen Bahnen fixiert. Beide bereuen ihr bisheriges Leben grundsätzlich nicht, erkennen jedoch, dass es auch andere Möglichkeiten gegeben hätte.

Die Grundidee und Botschaft des Buches gefällt mir gut, teils haben die Briefe jedoch ihre Längen und so zieht sich im Mittelteil die Geschichte doch etwas sehr hin. Schade fand ich, dass am Schluss Tina wieder nur auf einen Impuls von außen reagiert, hier hätte ich mir erhofft, dass sie aufgrund der Selbsterkenntnis, die sie durch den Austausch mit Anders gewonnen hat, eigeninitiativ etwas in ihrem Leben verändert. Das hätte ja auch ein ehrenamtliches Engagement oder ein Hobby sein können. Insgesamt aber eine wirklich interessante Geschichte über den Weg zu sich selbst!