Rezension

Bittersüß

Der Papierpalast
von Miranda Cowley Heller

Bewertet mit 5 Sternen

Elle steht mit 50 Jahren an einem Wendepunkt. Obwohl sie ihren Mann Peter sehr liebt und drei Kinder mit ihm hat, kann sie ihren Kindheitsfreund Jonas noch immer nicht vergessen, so wie auch Jonas in Elle die Liebe seines Lebens sieht. 
Als sie am See ihrer Jugendsommer erneut aufeinandertreffen, kommt die Zeit, in der sich Elle für Jonas oder Peter entscheiden muss.

So startet dieser aufwühlende, raffiniert konstruierte Roman. Während Elle um Klarheit ringt, erfahren wir in unzähligen Rückblenden ihr bisheriges Leben: Ihre ziemlich chaotische Kindheit, die von den sommerlichen Begegnungen mit Jonas erhellt wurde. Geheimnisse der Vergangenheit, die nun ans Licht drängen und Elle und Jonas, die doch eigentlich füreinander bestimmt waren, auseinander und zu anderen Partnern trieben. Können alte Wunden nun heilen und doch eine gemeinsame Zukunft schaffen? Aber wie, wenn dies doch so viel Schmerz brächte für andere?

Miranda Cowley hat mich von der ersten bis zur letzten Seite eingefangen. Zuweilen schonungslos seziert sie die Familiengeschichte mit ihren Abgründen und die Gewissensqualen von Elle. Deren Dilemma ist nur zu verständlich: Wo findet man im wahren Leben zwei so gutherzige, intelligente, attraktive Männer, zwischen denen frau sich dann auch noch entscheiden muss? Vor allem Jonas hat mich sehr für sich eingenommen, da er als ein etwas ungewöhnliches Kind beschrieben wurde und ich solche Protagonisten mag. Die Autorin hat mit ihrer Erzählkunst in mir eine diffuse Sehnsucht wachgerufen, die mich auch nach dem Buch noch umtreibt. Das Ende ist ein kleines literarisches Meisterwerk, für meinen Geschmack aber letztendlich doch ein wenig zu offen für Interpretationen. Selten habe ich mir so sehr gewünscht, ich hätte das Buch in einer Leserunde gelesen, um mich darüber austauschen zu können.

        

Kommentare

Pitty318 kommentierte am 03. April 2022 um 19:21

Hallo, mir ging es während des Lesens genauso wie Dir: ach, gibt es keine Leserunde irgendwo dazu, habe ich mich gefragt und auch auf den Internetseiten auf denen ich aktiv bin, gesucht. 
Jetzt versuche ich noch an der bei WLD reinzuschauen und vielleicht auch zu kommentieren. Ich hoffe, das ich das darf. 
Das Ende hatte für mich gar nicht so viele Interpretationen offen, war relativ klar, fand ich. Wenn Du magst, können wir uns auch gerne per PN mal austauschen. 

kalimertz kommentierte am 02. Juni 2023 um 06:09

Das Buch hat mich in seinen Bann gezogen. Aufgrund der zeitlichen Sprünge ist es schwierig zu lesen. Die Tatsache, dass es Tiefe bot und nicht nur ein weiterer amerikanischer Familienroman war wie die Tausenden anderen auf dem Markt, gefiel mir. hat dennoch eine eigene Sprache entwickelt. Der Roman hat das Potenzial, ein Film zu werden, aber das würde meine Fotos ruinieren, also wird das hoffentlich nicht passieren.

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