Rezension

Begeistert von der ersten bis zur letzten Seite

Plötzlich Fee 01 - Sommernacht - Julie Kagawa

Plötzlich Fee 01 - Sommernacht
von Julie Kagawa

*Worum geht's?*
Meghan Chase setzt all ihre Hoffnungen in ihren sechzehnten Geburtstag, der alles verändern soll. Sie glaubt fest daran, dass aus ihrem unscheinbaren Ich, das nirgendwohin zu gehören scheint, eine selbstbewusste Ballkönigin werden wird - schließlich läuft das so in den Geschichten. Doch an ihrem Geburtstag wird ein schreckliches Märchen wahr, vor dem Meghan am liebsten fliehen würde: Ihr bester Freund Robbie gesteht ihr, dass er eine Fee, ihr kleiner Bruder Ethan durch ein Wechselbalg vertauscht worden und sie selbst nicht die Tochter ihres verschwundenen Vaters, sondern die des Feenkönigs Oberon ist, der über den Lichten Hof herrscht und im ständigen Konflikt zur dunklen Königin Mab steht. Mit all dem will Meghan nichts zu tun haben! Um Ethan zu retten, begibt sie sich trotzdem in das Feenreich Nimmernie und trifft dabei nicht nur auf ihren leiblichen Vater und unzählige Gefahren, sondern auch auf Mabs Sohn Ash, in den sie sich auf keinen Fall verlieben darf...

*Kaufgrund:*
Ich bin schon auf das englische Original aufmerksam geworden und stand kurz davor, es mir zu kaufen. Zum Glück kam der Heyne-Verlag mir zuvor und hat den Einstieg in die "Iron Fey" -Reihe ins Deutsche übersetzt.

*Meine Meinung:*
"Plötzlich Fee - Sommernacht" ist ein gelungener Einstieg in Julie Kagawas Reihe. Allein der Schreibstil der Autorin fasziniert und ist es Wert, gelesen zu werden. Sehr detailliert und bildhaft beschreibt sie Umgebungen und Situationen, sodass es dem Leser bereits zu Beginn gelingt, sich Meghans Welt genau vorstellen zu können und sich in diese hineinzuversetzen. Der Schreibstil ist so flüssig und flockig, dass selbst die knapp 500 Seiten des Romans im Nu gelesen sind.

Die Geschichte wird aus Meghans Sicht erzählt. Wir lernen sie als unglückliches, gewöhnliches Mädchen kennen, das sich verzweifelt nach der ersten großen Liebe sehnt. Sie ist sehr naiv und blind vor Sehnsucht, dazugehören zu können. An ihrem sechzehnten Geburtstag, in den Meghan all ihre Hoffnungen gesetzt hat, erlebt sie eine große Überraschung - allerdings nicht die erhoffte positive Wende in ihrem Teenagerdasein, sondern eine Wahrheit, die ihr Leben ins Chaos stürzt: Sie ist eine halbe Fee. Ab hier beginnt sich die Protagonistin zu verändern. Meghan vollzieht einen tiefgründigen, weitgehenden Wandlungsprozess. Es passiert Schritt für Schritt, jedes Geschehnis wirkt sich auf sie aus und macht aus ihr eine mutige Kämpferin, die alles für ihre geliebten Menschen tun würde. Während die alte Meghan zu Beginn der Geschichte heulend auf dem Schulklo sitzt, stellt sich die neue Meghan jeglichen Gefahren, um ihren Bruder zu retten, und riskiert dabei sogar ihr eigenes Leben. Durch ihre sarkastische Art macht Meghan sich noch sympathischer. Sie bringt die Leser zum Grinsen und sorgt dafür, dass man sich sehr leicht mit ihr identifizieren und mit ihr mitfühlen kann.

Auch die Nebencharaktere haben mich begeistert. Besonders Meghans bester Freund Robbie, Mabs Sohn Ash und der sprechende Kater Grimalkin, die die Protagonistin auf ihrer abenteuerlichen Reise begleiten, wurden großartig ausgearbeitet. Man erfährt im Laufe der Handlung sehr viel über die beiden Jungen, wodurch ihre Art und ihre Handlungen verständlicher werden. Sie wirken niemals oberflächlich oder unnatürlich. Zu viel wird im ersten Teil der "Plötzlich Fee"-Reihe jedenfalls nicht über sie verraten, sodass man noch immer neugierig bleibt. Grimalkin, genannt Grim, ist und bleibt ein geheimnisvoller Kater, der nicht gerne Dinge über sich preisgibt, sich aber trotzdem sofort in die Leserherzen schleicht. Hoffentlich erfährt man in den Fortsetzungen mehr über ihn und die vielen anderen Nebencharaktere wie Oberon, Mab und Narissa. Sie bieten alle großes Potential.

Obwohl es sich um einen Fantasy-Roman handelt und viele altbekannte Motive und Themen genutzt werden, erwecken sie niemals einen abgekupferten Eindruck. Alle wurden klasse umgesetzt und toll mit Kagawas neuen Ideen verwoben. Besonders die Eisenfeen, mit denen sich die komplette Buchreihe beschäftigen wird, haben mich fasziniert.

Die Handlung erweckt zunächst den Eindruck, als würde sich "Plötzlich Fee - Sommernacht" in eine typische paranormale Highschool-Schnulze entwickeln würde. Aber falsch gedacht! Dramatik, Action, Tragik und viele Überraschungen ziehen sich durch den gesamten Roman. Die Geschichte entwickelt sich rasant zu einem abenteuerlichen Kampf um Leben und Tod. Meghan und ihre Begleiter müssen sich ohne jegliche Verschnaufspause einer Gefahr nach der anderen stellen. Mit jeder Seite des Buches baut sich die Spannung weiter aus, Langeweile kommt niemals auf. Man gerät in einen so starken Lesefluss, dass man überhaupt nicht mehr aufhören möchte zu lesen. Keine der 500 Seiten war überflüssig.

Natürlich gibt es - wie sollte es auch anders sein - eine Liebesgeschichte. Es hat mich wirklich überrascht, dass sie erst während des letzten Drittels eine wichtigere Rolle einnimmt. Auch wenn sich die Gefühle schon vorher anbahnten, entwickeln sie sich erst recht spät. Ein absoluter Pluspunkt, das so Meghans eigentlich Absicht - die Rettung ihres Bruders - nicht in den Hintergrund gerät, sondern den Handlungsverlauf maßgeblich bestimmt. Insgesamt ist die Liebe im ersten Teil der Reihe aber ein wunderschöner Aspekt, der in den Folgeteilen hoffentlich näher betrachtet wird.

Kagawa hat den ersten Teil ihrer Serie genau im richtigen Moment beendet. Die Haupthandlung der Geschichte ist abgeschlossen, trotzdem bleiben viele offene Fragen zurück. Es handelt sich aber keinesfalls um einen nervigen Cliffhanger. Die unbeantworteten Fragen dienen als perfekte Grundlage für die Fortsetzung, die ich schon voller Sehnsucht erwarte. Im Herbst 2011 soll es dann soweit sein!

Der einzige kleine Makel, der mir während des Lesens aufgefallen ist, ist die Bezeichnung "Fee". Ich finde es gut, dass die Übersetzer diesmal genau blieben (im englischen Original bezeichnet Kagawa die Wesen schließlich auch als "fairies"), allerdings finde ich den Begriff unangebracht. Die Feen erinnern viel mehr an Elfen. Dieser kleine Kritikpunkt ist allerdings nicht so irritierend, dass er den Lesefluss stören würde.

*Cover:*
Das Cover ist wunderschön gestaltet worden und läd sofort zum Träumen ein. Allerdings sieht es im Internet viel schöner aus, als wenn man es in Wirklichkeit in der Hand hält: Man sieht den blättrigen Wimpern leider stark an, dass sie auf das Auge animiert worden sind.

*Fazit:*
Ein großartiger Auftakt einer neuen Serie, der Lust auf mehr macht. Bis auf die Sache, dass die Feen eigentlich Elfen sind, habe ich auch gar nichts zu meckern. Kagawa hat einen großartigen Schreibstil, die Charaktere sind interessant und sympathisch, und jede einzelne Seite im Buch bringt die Handlung voran. Deshalb kann ich gar nicht anders, als volle 5 Sterne zu vergeben!