Rezension

Befriedigend

Die fünf Leben der Daisy West - Cat Patrick

Die fünf Leben der Daisy West
von Cat Patrick

Bewertet mit 4 Sternen

"Die fünf Leben der Daisy West": ein Buch mit viel Potenzial, auf dessen Fortsetzung ich sehnlichst warte. :)

Allgemeines: Am 18. Januar 1974 wurde Cat Patrick in Cheyenne, der Hauptstadt des Bundesstaates Wyoming, geboren. Bereits als 7-Jährige schrieb sie Geschichten und verteilte diese an alle Familienmitglieder. Nachdem sie im Fach Journalismus den Bachelor erreicht hatte, spezialisierte sie sich auf das Fach Öffentlichkeitsarbeit und machte dort ihren Masterabschluss. Mit ihrem Debütroman "Forgotten", welcher am 6. Juni 2011 auf Deutsch im Egmont Childrens Books Verlag erschienen ist, erlang sie erstmals internationale Aufmerksamkeit und Bekanntheit. Ihr zweiter Roman "Die fünf Leben der Daisy West" ist nun seit wenigen Wochen auf dem deutschen Buchmarkt erhältlich. Mit ihren Zwillingstöchtern und ihrem Mann lebt sie heute in der Nähe von Seattle.

Klappentext:
"Daisy, halt durch!", schreit eine Mädchenstimme, aber ich öffne nicht die Augen. Geräusche nehme ich nur noch undeutlich wahr. Die Welt wird zu einem Nichts und bevor ich noch einen weiteren Gedanken fassen kann, bin ich tot.
Daisy ist fünfzehn und schon mehr als ein Mal gestorben. Doch ein Wundermittel namens Revive holt sie jedes Mal zurück und so lebt Daisy waghalsig und riskant. Jeder Tod bedeutet für sie allerdings eine neue Stadt und ein neues Leben, denn das Mittel ist hochgeheim und Daisy ist ein Versuchsobjekt in einem streng abgeschotteten Programm. An ihrer neuen Schule findet sie in Audrey zum ersten Mal eine beste Freundin. Als sie sich auch noch Hals über Kopf in deren Bruder Matt verliebt, lässt sie sich endlich voll auf das Leben ein. Daisy fängt an, das Geheimsystem rund um Revive zu hinterfragen. Doch sie weiß auch: Wenn sie aufbegehrt, könnte ihr nächster Tod endgültig sein...

Meine Zusammenfassung:
Daisy Appleby ist tot - an ihre Stelle tritt Daisy West...
Obschon Daisy bereits einige Male gestorben ist und ein neues Leben mit einer anderen Identität anfangen musste, so ist sie dennoch nicht darauf gefasst, was sie in Omaha, Nebraska, erwartet. Denn kurz nach ihrer Ankunft lernt sie die lebenslustige Audrey und ihren gutaussehenden Bruder Matt kennen, die in charmanter Weise und mit herzlicher Offenheit Daisys introvertierte und auf Vorsicht bedachte Fassade durchbrechen. Und plötzlich tritt etwas ein, womit Daisy nicht gerechnet hätte: sie und das Geschwisterpaar werden Freunde. Allerdings verbirgt Daisy ein großes Geheimnis und als ihre beste Freundin in Gefahr gerät, findet sie sich in einem Gewissenskonflikt wieder, der sie zu verschlingen droht.

Gestaltung des Buches: Eine schlichte, beinahe schnörkellose Gestaltung erwartet die Leser bei "Die fünf Leben der Daisy West". Auf dem Titelbild ist ein durchaus ansprechendes Antlitz einer jungen Frau abgedruckt worden. Ein Teil ihres Oberkörpers wird von einem, auf dem Buchdeckel angebrachten, Heftchen übernommen, welches auf fünf illustrierten und aus dem Buch zitierten Seiten Daisys bisherige Leben aufweist. Innerhalb der Buchdeckel wurde auf dieselbe ungekünstelte Ausstattung acht gegeben, weshalb keine unnötigen Verschönerungen das Auge des Lesers vom eigentlichen Text ablenken. Daher erstreckt sich der Lesegenuss über 45 kurze Kapitel und garantiert einen leichten Einstieg in die Welt der Daisy West.

Schreibstil der Autorin: Die schwere Thematik des Buches verlangt nach Fingerspitzengefühl und Sensibilität. Im Falle von Cat Patrick muss ich gestehen, dass ihre narrativen Fähigkeiten nicht ausgereicht haben dem Kontext die nötige Tiefe zu verleihen. Stattdessen beschreibt sie mit oberflächlicher Leichtigkeit die Handlungsabläufe und verhindert damit zum einen, dass man zu den Charakteren eine Beziehung aufbaut, und zum anderen, dass man das Buch weglegt, da die bündigen Kapitel einen stetig ansteigenden Spannungsbogen aufrecht erhalten. Somit konnte ich bei gewissen Passagen darüber hinwegsehen, dass mir persönlich die einfühlsame Note gefehlt hat, aber im Hinterkopf war der allzu objektive Schreibstil allgegenwärtig. Zudem irritierte mich die häufige Anzahl der grammatikalischen Zeitsprünge, die entweder bei der Übersetzung des Originaltextes übernommen wurden oder aufgrund der Übersetzung erstmalig aufgetreten sind.

Chraktere: In Anbetracht der Tatsache, dass ein derart prekäres Thema auf 300 Seiten gepresst wurde, gab es nicht genügend Entwicklungsmöglichkeiten um sich der subjektiven Entfaltung der Charaktere zu widmen. Somit beschränkte sich die Autorin auf das Wesentliche - nämlich die Handlung. Das Innenleben der Protagonistin bleibt dem Leser weitestgehend verschlüsselt. Obgleich ich ihre Taten nachvollziehen konnte, fand ich sie zu einem gewissen Zeitpunkt ganz und gar naiv, kindisch und leichtsinnig. Daisy ist ein introvertierter Mensch mit einem vorsichtigen Naturell, aber an einer gewissen Stelle, wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie wider ihrer Mentalität handelte, was in mir einen Unmut weckte, der bis zum Schluss nicht mehr abzuschütteln war. Matt, der Junge dem Daisy ihr Herz schenkte, und seine Schwester Audrey, die Daisy einen neuen Zugang zu einem normalen Leben ermöglichte, erhalten zu wenig Raum um dem Leser ihre zugewiesenen Rollen glaubhaft zu machen. Selbst Mason und Cassie in den Elternrollen bleiben dem Leser auch nachhaltig nicht im Gedächtnis. Abgesehen von Megan, die ebenfalls dem Programm untergestellt ist, konnte ich zu niemandem eine Beziehung aufbauen. Ein Umstand den ich bedauerlich finde.

Orte & Landschaften: Aufgrund Daisys Lebensweise lernt auch der Leser kaum etwas über die Umgebung oder den neuen Handlungsort kennen. Denn sowohl bei den Charakteren wie hier wurde mit übermäßigen Details gespart, sodass durch den ständigen Ortswechsel von Frozen Hills nach Omaha, Hayes und schlussendlich Alameda für den Leser keine der Städte auch nur ansatzweise an Bedeutung gewinnen konnte. Sobald irgendwelche Lokalitäten eine relevante Beständigkeit hätten aufweisen können, wurde der Leser gedanklich erneut umgesiedelt. Dieser Umstand forderte seinen Tribut: War man von der Handlung noch so sehr gefesselt, beliebten die Figuren und Landstriche sich nur schwach in die Erinnerung des Lesers einzunisten. Eigentlich hatte die Autorin aufgrund der vielen örtlichen Eindrücke die Möglichkeit die lokalen Feinheiten auszuarbeiten, allerdings hat sie diesen Aspekt zu berücksichtigen versäumt. Ob als gewolltes Stilmittel oder unbeabsichtigt, so vermisste ich die persönliche Nuance aller umstehenden Gegebenheiten, damit ich mich der Geschichte hätte öffnen können.

Fazit: "Die fünf Leben der Daisy West" ist eine vielversprechende Geschichte über das Sterben und Leben, deren Umsetzung einige Mängel aufweist und dennoch den Geist des Lesers an- und berührt. Ich poche auf eine Fortsetzung und Steigerung des kreativen Konzepts in Erwartung auf etwas Ungewöhnliches.