Rezension

Beeindruckende Bilder und eine große emotionale Tiefe

Fanzi -

Fanzi
von Elisabeth Schmidauer

Bewertet mit 5 Sternen

Der Roman „Fanzi“ wird in zwei Erzählsträngen erzählt. Einmal aus der Sicht von Fanzi und zum anderen aus der Sicht seiner Enkelin Astrid. Fanzi wird Anfang der 1930er Jahre geboren und wächst in einem kleinen Ort auf einem Hof in Österreich auf. Er ist als jüngster Sohn nach zwei Brüdern derjenige, der für eine Ausbildung als Tischler vorgesehen ist. Der Zweite Weltkrieg zerstört diese Pläne und er übernimmt  nach Kriegsende sehr früh den Hof seiner Eltern. 

Fanzi hat als kleiner Junge eine wunderschöne Art, Fragen über seine Mitmenschen und seine Umgebung zu stellen. Er wirkt sehr kindlich und ist mit einem klaren Blick für das Gute und das Böse ausgestattet. Ich konnte mich sehr gut in ihn mit seiner sensiblen Art hineinversetzen. Fanzi, der sehr viel Leid gesehen und erfahren hat, ist mir sehr ans Herz gewachsen. Vor allem sein Verhältnis zu seiner kleinen Schwester Elfi ist so herzerweichend und gleichzeitig in der weiteren Folge des Buches so herzzerreißend. Ich dachte manchmal Elfi wie Elfchen, auch das ist eine große Fähigkeit der Autorin, innere Bilder im Lesenden zum Klingen zu bringen. 

Immer wieder habe ich mich während des Lesens gefragt, was Astrid mit ihrer Art das Leben zu sehen mit Fanzis Erlebnissen zu tun hat? Wie passt es zusammen? Was hat sich die Autorin gedacht, gerade diese Interessensgebiete für Astrid zu wählen? Astrid hat Biologie studiert, kann Lebensformen beschreiben, Fanzi kann Leben im Kriegszustand beschreiben. Astrid kann sagen, welche Lebensformen wie lange schon auf der Erde leben, Fanzi kann sagen, wie schnell das Leben für ein Individuum zu Ende sein kann. Astrid hat das Wissen über scheinbar unendliche Zeiträume und Fanzi das über die Endlichkeit. Und auch die Erwähnung von Shakespeares Hamlet macht im Rahmen dieses Romas nachdenklich und legt nahe: Sein oder Nichtsein, ist das hier die Frage?

Auch, wenn ich die Konstruktion des Romans und die Bedeutung der Bilder nicht ganz verstanden habe, so hat mich dieser Roman mit seiner Feinfühligkeit und seiner emotionalen Tiefe so begeistert, dass das Thema mich über Wochen in Gedanken gefangen genommen hat. Vielleicht auch, weil mein Vater und meine Mutter im gleichen Alter und ebenso wie Fanzi Kinder „harter“ Väter waren und gleichzeitig zu den „unschuldigen“ Kriegskinder gehörten. 

Elisabeth Schmidauer schafft es, dass ich als Leserin zum Ende des Buches eine Zufriedenheit spüre, obwohl es insgesamt ein tragischer Roman ist und viel Leid geschieht. Vielleicht liegt es daran, dass zum Ende so viel Bewegung und Entwicklung in die Figuren kommt. Und es ist diese Liebe, die man in Fanzi spürt, und die Versöhnlichkeit, die das Buch für mich abgerundet und zu einem Lesehighlight gemacht haben. 

Es ist alles so geschehen und uns Nachfolgenden bleibt nur, die Erinnerung zu wahren.