Rezension

Beeindruckend und Bedrückend zugleich

Kim Jiyoung, geboren 1982 -

Kim Jiyoung, geboren 1982
von Nam-joo Cho

Bewertet mit 5 Sternen

Bereits am Cover kann man die grundlegenden Aspekte des Romans erkennen. Es zeigt eine gesichtslose Frau, die Frau in diesem Fall Kim Jiyoung, es könnte aber jede Frau sein. Auch sonst gefällt mir die Gestaltung des Einbands sehr gut. Mein persönliches Highlight ist der detailliert gestaltete Buchrücken.

Das Buch ist in sechs Abschnitte aufgeteilt. Diese umfassen meist mehrere Jahre. Ansonsten gibt es keine weitere Aufteilung in Kapitel. Der Schreibstil von Cho Nam-Joo ist sehr nüchtern und angenehm zu lesen. Das Buch liest sich teilweise mehr wie ein Bericht, als wie ein Roman, was auch durch Fußnoten unterstützt wird. Die Geschichte ist sehr kurzweilig. Normalerweise bin ich kein großer Fan von Büchern ohne viele Kapitel, doch in diesem Fall fand ich die Struktur sehr passend.

Als ich das Buch angefangen habe, wusste ich nicht, was genau mich erwarten würde. Der Einstieg in die Geschichte hat mich etwas verwirrt, da der erste Abschnitt im Herbst 2015 spielt und der Abschnitt danach die Jahre 1982 – 1994 umfasst. Doch sobald ich etwas im zweiten Abschnitt gelesen hatte, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Der Roman erzählt die wichtigsten Stationen aus Kim Jiyoungs Leben. In ihrer Kindheit lernen wir ihre Familie, bestehend aus ihrem Vater, ihrer immer schwerarbeitende Mutter, ihrer älteren Schwester und ihrem jüngeren Brüder. Bereits in jungen Jahren fällt den Schwestern irgendwann auf, das die Jungs in ihrem Alter sich mehr erlauben dürfen und anders behandelt werden. Das zieht sich durch das komplette Leben der Protagonistin. Immer wieder muss sie sich Dinge von Männern gefallen lassen, die mit getauschten Geschlechterrollen undenkbar wären. Es zeigt, dass Frauen durch die gesellschaftlichen Strukturen benachteiligt werden.

Die Geschichte von Kim Jiyoung ist zwar fiktiv, könnte aber jedem passiert, wie treffend auf der Innenseite des Buchumschlags steht:

Kim Jiyoung ist wie jede Frau.

Insgesamt hat mich die Geschichte von Kim Jiyoung gleichzeitig beeindruckt, als auch wütend gemacht. Das Buch zeigt zum einen, dass sich zwar manche Aspekte in punkto Gleichberechtigung verbessert haben, aber auf der anderen Seite zeigt es genauso, wie viel noch getan werden muss. Solange man sich in den geschilderten Erlebnissen und Situationen wiedererkennen kann, ist noch nicht genug passiert. Wenn man 2021 nur ein Buch lesen wird, dann sollte es dieses sein.