Rezension

Auftakt im Frankfurt des 19. Jahrhunderts

Die Teehändlerin -

Die Teehändlerin
von Susanne Popp

Bewertet mit 3 Sternen

Sehr detailreich, wenig Tempo und recht konfliktarm

Als erstes, als ich das Buch in der Hand hielt, fiel mir sehr positiv auf, dass es hier viel Ausstattung fürs Geld gibt. Über 500 Seiten Roman, geklappter Einband innen bedruckt mit einer Karte des historischen Frankfurt vorn und einem möglicherweise originalen Foto von Friederike Ronnefeldt hinten. Der Titel des Buches ist etwas erhaben und glänzend. Solche Bücher kosten normalerweise 15,00 Euro, dieses gibt es für 10,99. Einzig das Cover, welches sich in die Riege der momentan beliebten Cover für historische Romane einreiht und sich somit nicht abhebt, schmälert diesen ersten positiven Eindruck.

Der Auftakt der Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht, ist gut gelungen. Mir gefiel die Leseprobe, während der die Autorin bereits die wichtigsten Figuren einführt und auch einen ersten Eindruck ihrer Charaktere hinterlässt. Am neugierigsten war ich auf Julius Mertens, denn ihn umfing bereits von Anfang an ein Hauch des Verruchten. 

Friederike Ronnefeldt habe ich als eine kluge Frau wahrgenommen. Ich glaube, sie hätte es in der heutigen Zeit mit ihrem kaufmännischem Geschick und ihrer Eloquenz weit bringen können. Im Frankfurt des 19. Jahrhunderts allerdings ist das nicht ganz so einfach. Da ihr Mann Tobias schon bald zu einer langen Reise aufbrechen wird und sich die Dinge in seinem Geschäft ganz anders entwickeln, als von ihm geplant, bleibt Friederike nichts anderes übrig, als die Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Sie behauptet sich darin auch gut, allerdings fand ich es zuweilen einfach zu leicht. Es hatte den Anschein, dass es keine Hürden, keine Probleme, keine Konflikte gäbe. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Frauen als Geschäftspartner in dieser Zeit gar nicht in Betracht gezogen wurden, gehen ihr die Verhandlungen - ausschließlich mit Männern - überaus leicht von der Hand. Mir fehlte bei dieser Figur das Rebellische und das Durchsetzungsvermögen, welches aus meiner Sicht dringend erforderlich gewesen wäre. Im Nachwort schreibt Popp, dass sie über die Jugendzeit der Protagonistin nur wenig in Erfahrung bringen konnte und so wäre es ja durchaus möglich gewesen, Friederike Ronnefeldt etwas mehr Biss zu verleihen. Viel mehr hinterlässt Friederike bei mir den Eindruck, als sei sie nur allzu brav. 

Julius Mertens ist ein Schlitzohr, ein Betrüger und hat meinen ersten Eindruck dahingehend bestätigt. Er wickelt Tobias Ronnefeldt mittels einer Lüge um den Finger und wird sein Prokurist - sehr zum Leidwesen von Friederike, die ihn nämlich nicht leiden kann. Schon recht bald hat Friederike Mertens im Verdacht unlautere Geschäfte im Kontor ihres Mannes abzuwickeln und kommt ihm recht schnell - und leider auch wieder ohne Probleme - auf die Schliche. Hier hätte ich mir gewünscht, dass es zwischen den beiden Kontrahenten ordentlich knallt, sich die Situation über eine Weile zuspitzt, aber bis auf ein Aufeinandertreffen, dass für Friederike einmal mehr sehr glimpflich und ohne wirkliche Schwierigkeiten abläuft, passiert nicht viel in diese Richtung. Überhaupt ist mir Friederike in dieser Situation viel zu ruhig. Zwar wird dem Leser vermittelt, dass sie ob des Betruges wütend ist und Mertens aus dem Laden haben will, aber diese Wut transportiert die Figur selbst nicht. Julius Mertens selbst lernt der Leser nicht wirklich kennen, da seine Auftritte relativ rar sind. Dennoch mochte ich ihn als Bösewicht. 

Tobias Ronnefeldt lernt der Leser zunächst eher als Randfigur kennen, da er zunächst mit Reisevorbereitungen beschäftigt ist und dann für ein Jahr verreist. Zwar gewährt die Autorin dem Leser kleine Einblicke in die Geschichte des Tees in China, aber für meine Begriffe passiert dies eher oberflächlich und am Rande. Auch das Friederike mit der Reise eigentlich überhaupt nicht einverstanden ist, kommt nur sehr blass zum Ausdruck. Mit ihrer lieben, netten Art geht sie jeder Diskussion darüber aus dem Weg. Dabei dürfte allein die Vorstellung mit 4 Kindern allein zurückzubleiben und einen Prokuristen im Laden zu haben, dem sie nicht vertraut, jede Menge Konfliktpotential liefern. 

Zurück von seiner Reise stellt Tobias fest, dass sich Friederike verändert hat. Mich hat es ziemlich gestört, dass er, anstatt die Leistungen seiner Frau anzuerkennen und ihr Potential zum Fortkommen zu nutzen, eigentlich nur damit beschäftigt war, ihr Vorhaltungen darüber zu machen, was die anderen denken könnten und eifersüchtig zu sein. Insbesondere die ständige Eifersucht war irgendwann nervig. Insofern mochte ich die Figur des Tobias immer weniger. Er hat sich so ein bisschen in die Opferrolle geflüchtet. Am Ende des Romans hatte ich den Eindruck, dass Friederike der deutlich stärkere Charakter ist. 

Susanne Popp schafft es ein Gefühl für die Zeit in Frankfurt entstehen zu lassen. Man kann sich im Laufe der Romans gut vorstellen, wie die etwas betuchteren Bürger Frankfurts gelebt haben. Manchmal erzählt die Autorin von diesem Lebensgefühl zwar etwas zu detailreich, aber das ist nicht allzu störend. Insgesamt ist mir der Roman aber zu konfliktarm. Der Weg scheint vorgezeichnet und ohne Schwierigkeiten gegangen zu werden. Da die ganze Situation jedoch im Grunde nach vielen, vielen Konflikten ruft, wirkt die Geschichte für meine Begriffe nicht authentisch genug und hat zu wenig Tempo. Auch ist es schade, wenn Spannungsbögen aufgebaut werden, dann aber abrupt abbrechen, weil ein Zeitsprung die Auflösung des Spannungsbogens unmöglich macht oder die Figur entscheidet Dinge eben doch nicht auszusprechen.

Der Schreibstil der Autorin lässt sich weitgehend gut lesen, hin und wieder empfand ich allerdings stark verschachtelte Sätze als anstrengend, die ich dann noch ein weiteres Mal gelesen habe. Das unterbricht den Lesefluss. Ebenfalls als störend habe ich diverse Rechtschreibfehler empfunden. 

Ich bedanke mich an dieser Stelle beim Verlag für das Rezensionsexemplar.

Fazit:

Die Geschichten des Tees und der Stadt Frankfurt im 19. Jahrhundert sind ganz gewiss zwei spannende Geschichten. Die Details mit denen die Autorin “ihr” Frankfurt beschreibt sind vielfältig und sie lässt diese Zeit auferstehen. Mir hat es insgesamt jedoch an Konflikten und Schwierigkeiten gefehlt. Wer gemächliche Geschichten mag, die viel vom Leben zu einer früheren Zeit berichten, der ist hier genau richtig. Wer jedoch den Kampf einer Frau mit viel Einsatz an der Spitze eines Teehandels erwartet, wird bestimmt enttäuscht. Von mir gibt es deshalb 3 Sterne.