Rezension

Auf der Suche nach dem Silberstreifen am Horizont

Silver Linings - Matthew Quick

Silver Linings
von Matthew Quick

Pat hat nach seinem Aufenthalt am "schlimmen Ort", als den er die Psychatrie bezeichnet, in der er die letzten Jahre verbracht hat, nur eines im Sinn: seine Frau Nikki zurückzuerobern. Doch ihr Wunsch um eine Auszeit hält Pat von ihr fern, der derweil nichts ungeschehen lässt, um zu einem besseren Mensch zu werden, den seine Frau wieder lieben kann, denn er glaubt fest an den Silberstreifen am Horizont - an ein Happy End in seinem persönlichen Film. Nur seine Familie glaubt nicht ganz daran und vermeidet es, das Gespräch auf Nikki zu bringen, damit er lernt, nach vorne zu sehen. Bei diesem Versuch unterstützt ihn auch sein bester Freund, der ihm bei einem Abendessen seine verwitwete, depressive Schwägerin Tiffany vorstellt. Am nächsten Tag steht Tiffany plötzlich vor Pats Haus, als er wie gewohnt zu seiner täglichen Joggingrunde aufbrechen will, und läuft ihm hinterher, ohne auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln. Auch am nächsten Tag steht Tiffany bereits vor seiner Tür und begleitet ihn still auf seiner Joggingrunde. Um sie loszuwerden, entschließt sich Pat, besonders nett zu ihr zu sein und lädt sie zu einem Abendessen ein. Doch Tiffany lässt sich von seiner Art nicht abschrecken und so entwickelt sich eine stille, ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden, die Pat in der Zeit, in der er nichts von seiner Frau hört, obwohl er so verbissen an sich arbeitet, eine große Hilfe ist.

„Ich will nicht an dem schlimmen Ort bleiben, wo niemand an den Silberstreifen am Horizont glaubt oder an die Liebe, an ein Happy End, und wo jeder mir sagt, dass Nikki meinen neuen Körper nicht mögen wird, mich nicht wiedersehen will, wenn die Auszeit vorüber ist. Aber ich habe auch Angst davor, dass die Menschen aus meinem alten Leben nicht so optimistisch sein werden, wie ich es jetzt zu sein versuche.“
- Silver Linings, S. 8

Eine Geschichte von Höhen und Tiefen, dem Versuch wieder Fuß im richtigen Leben zu fassen und öfter nett zu sein anstatt Recht zu haben, um ein besserer Mensch zu werden, all das vereint Silver Linings in sich. Erzählt wird die Geschichte von Pat, den wir am Tag seiner Entlassung von dem "schlimmen Ort" kennenlernen, an dem er sich jahrelang aufgehalten hat - nur dass die Zeit für ihn dort viel langsamer vergangen ist. Dass bereits mehrere Jahre seit seinem Aufenthalt in der psychatrischen Klinik vergangen sind, verschweigt ihm seine Familie. Auch wenn Pat die Sprache auf seine Ehefrau bringt, versuchen sie immer schnell das Thema zu wechseln und so beschleicht einen als Leser schnell das Gefühl, dass sie ihm etwas verheimlichen. Lediglich der naive, gutgläubige Pat kommt nicht auf diese Idee und ist auch nach wie vor der festen Überzeugung, dass Nikki ihn wieder zurücknehmen wird, wenn er sich nur bessert, ganz egal, was alle anderen auch sagen. Der Leser bleibt während des Lesens also genau so unwissend wie Pat, der sich der Realität nicht stellen will, und erfährt erst nach und nach, was überhaupt zu der Auszeit mit Nikki geführt hat und was in den Jahren, in denen Pat an dem schlimmen Ort war, alles passiert ist. Pat, der in seiner kleinen Traumwelt lebt, in der er davon überzeugt ist, dass Nikki ihn wieder zurück will, tut einem ziemlich leid wenn er langsam mit der Wahrheit konfrontiert wird und doch fand ich es trotz der Erzählweise aus seiner Sicht schwer, eine Bindung zu ihm aufzubauen. Er wirkt zeitweise sehr nüchtern, weltfremd, so dass es schwer war, einen Zugang zu ihm zu finden. Die depressive, etwas durchgeknallte Tiffany sorgt jedoch für den richtigen Ausgleich, sie hat sich nicht nur mit der Realität abgefunden und versucht Pat, diese ebenfalls vor Augen zu führen, ihr Verhalten geht manchmal auch so ins Extreme, dass man darüber einfach lachen muss. Auch seine anderen Charaktere hat Matthew Quick ausführlich für den Leser in Worten gezeichnet, wie zum Beispiel Pats Therapeuten, der zufällig ebenfalls ein leidenschaftlicher Fan der Philadelphia Eagles ist wie Pat und mit dem er auch schonmal Zeit bei den Spielen ihrer Lieblingsmannschaft verbringt, oder Pats Vater, der allerdings wenig Sympathie wecken konnte, da er seinen Sohn zumeist ignoriert und sich wie ein Ekelpaket verhält wenn die Eagles ein Spiel verloren haben, was seine ganze Laune bestimmt.

Die ständige Referenz zu Football und den Eagles hat mich keineswegs gestört, auch wenn ich kein begnadeter Sportfan bin. Trotzdem war es mal etwas anderes und da die Footballmannschaft so sehr das Leben der Familie bestimmt, fand ich es auch richtig, diese in die Geschichte einzubauen. Denn durch den Sport findet Pat teilweise wieder den Halt, den er nach dem Aufenthalt an dem schlimmen Ort braucht, und das Übrige tut Tiffany.
Pats Geschichte lässt einen nachdenklich zurück und ist sehr ergreifend. Einfühlsam vermittelt Silver Linings das Gefühl eines gebrochenen Herzens und lässt einen doch gleichzeitig nach dem Silberstreifen am Horizont suchen, denn der Roman zeigt, dass es nicht falsch ist, an ein Happy End zu glauben.