Rezension

Allein joggen?

Die Karte -

Die Karte
von Andreas Winkelmann

Bewertet mit 4 Sternen

Als Lennart Wolff beim Müllrausbringen noch einen tiefen Blick auf die erleuchteten Panoramascheiben des Nachbarhauses, dem Haus der Lesben, werfen will, entdeckt er einen Spanner. Der Spanner könnte auch ein Einbrecher sein, der die Gegend auskundschaftet. Er will ihn auf jeden Fall verfolgen und stellen. Aber der Verfolgte wehrt sich und sticht Lennart mit einem Messer ins Auge. Nach Versorgung des Opfers und Tatortsicherung gelingt es dem Täter trotzdem seinen Plan weiterzuverfolgen. Er lauert seinem ersten Opfer auf, stranguliert sie mit einem Hundehalsband und filmt mit ihrem eigenen Handy ihren Todeskampf. 

 

Eine aufreibende Jagd, die Jens Kerner an seine Grenzen bringt, beginnt.

 

 

 

Ein spannender Thriller, der die Gefahren der Lauf-Aufzeichnung mittels Fitness-Tracker mit anschließendem Posten im öffentlichen Netz aufzeigt.

Das ist sicher nicht die Intension dieses Thrillers, aber ich denke, die Joggerinnen und Jogger sollten sich bewusst machen, welche Informationen sie ins anonyme Netz geben.

 

Andreas Winkelmann hat in nahezu gewohnter Manier eine spannende, verzwickte und Gänsehaut produzierende Geschichte geschrieben. 

 

Das ist bereits der vierte Fall von „Kerner und Oswald“ und obwohl ich erst einen „Der Fahrer“ vorher gelesen hatte, sind mir die beiden Ermittler ans Herz gewachsen.

Die Mischung beziehungsweise die Gegensätze machen ein ideales Team aus ihnen. Der impulsive Jens Kerner, der zwei gescheiterte Ehen hinter sich hat und einen guten Freund verliert, ist immer kurz davor, die Beherrschung zu verlieren und droht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Becca Oswald dagegen bewahrt Ruhe, ist analytisch und greift helfend ein, wenn Jens droht unterzugehen. Das die Beiden privat nun auch noch ein Paar werden, freut mich sehr. Insofern warte ich sehnlichst auf den nächsten Fall.

 

Dieser Fall war spannend, teilweise atemberaubend, aber es war mir in einigen Situationen „too much“, zu viele Leichen und zu viele Klischees.

 

Auch dem Herrn Winkelmann sollte klar sein, dass nicht alle Lesben Männerhasser sind. Genauso klar dürfte sein, dass nicht alle Männerhasser zwangsläufig Lesben sein müssen.

Das fand ich etwas übertrieben. 

 

Von diesen Klischees abgesehen, waren die vielen Handlungsstränge zum Verzweifeln, was ich nicht negativ bewerten möchte. Ich hatte allerdings zwischenzeitlich die Befürchtung, dass der Autor das nie wieder zusammenbringen kann, um auch noch eine nachvollziehbare Lösung zu präsentieren. Das ist ihm allerdings gelungen.

 

Dass wir Leser immer wieder Einblick in die Gedanken des Täters hatten, war abwechslungsreich und stärkte die Aufmerksamkeit, weil man hoffte, so einen Hinweis zu erhaschen.

 

Das Ende war nachvollziehbar und noch mal richtig nervenaufreibend, aber die beiden nachfolgenden Unterkapitel haben mich wieder etwas runterkommen lassen.

 

Ich freue mich auf Fortsetzung.