Rezension

Alle zwei Jahre ein „gerechter“ Mord.

Natrium Chlorid -

Natrium Chlorid
von Jussi Adler-Olsen

Bewertet mit 5 Sternen

Der neunte Fall für Carl Mørck und das Sonderdezernat Q.
Alle zwei Jahre ein „gerechter“ Mord.
Carl Mørck läuft die Zeit davon: Er weiß, wann der Täter töten wird, nicht aber wen.

Es ist Anfang Dezember 2020, Corona hat die Welt im Griff, dominiert das Leben im Allgemeinen und die Arbeit der Polizei im Besonderen. Jussi Adler- Olsen, der Meister des genauen Blicks auf gesellschaftliche Verwerfungen, lässt seinen Carl Mørck den wohl härtesten Fall bislang unter diesen erschwerten Bedingungen angehen.
Der Selbstmord einer Frau führt Carl und seine Truppe dreißig Jahre zurück, als er noch frischer Polizist war. Er findet ein Fädchen, das die Verbindung zur aktuellen Toten darstellt, zieht ein wenig daran – und es breitet sich nach und nach eine Mordserie über drei Jahrzehnte aus. Das Besondere daran: Neben jedem Opfer wird ein wenig Salz gefunden, Natriumchlorid, das dem Krimi den Titel gab. Erst entdecken die Ermittler den Rhythmus des Tötens, alle zwei Jahre wohl, pünktlich zum Geburtstag eines besonderen Fieslings und eben ein Häufchen Salz, kein Streusalz, sondern Kochsalz - NaCl. Aber sonst gibt es keinen Anhaltspunkt. Kein Motiv, keinen gemeinsamen Nenner der Opfer. Wahllos getötet? Zugleich jedoch sind sich die Leute vom Sonderdezernat Q zunehmend sicher, dass der nächste Mord bevorsteht, am zweiten Weihnachtsfeiertag, wenn sie richtig liegen. Aber wer tötet dann wen wann? 

„Alles deutete darauf hin, dass ein Mörder seit bald fünfunddreißig Jahren aktiv war. Er war von Anfang an systematisch und nach einem bestimmten Muster vorgegangen. Vor allem hatte er vermutlich entschieden, nur jedes zweite Jahr zu morden. Das war klug, denn je seltener ein Serienmörder zuschlug, umso größer war die Chance, dass die einzelnen Verbrechen mit fortgeschrittener Zeit in den Hintergrund traten. Die Morde hatte er immer später im Jahresverlauf verübt. Wenn das alles zutraf, und daran zweifelte er (Mørck) inzwischen nicht mehr, dann war die Bilanz entsetzlich. Soweit sie das Muster dekodiert hatten, deutete alles darauf hin, dass die Morde jeweils verknüpft waren mit den Geburtsdaten von weltbekannten Diktatoren und anderen Despoten, die sich übelster Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht hatten.“ (S.290)
Ein Racheengel? Der Sanktionsmaßnahmen entwickelt für Menschen, denen es an Empathie, Rücksichtnahme, Respekt und Nächstenliebe fehlte. Selbstjustiz?

Wären diese Imponderabilien nicht stressig genug, Carl wird mit kriminellen Umtrieben seiner ehemaligen Mitarbeiter mehrerer Verbrechen beschuldigt und per Haftbefehl gesucht. 

In nur wenigen Zeilen beschreibt Adler-Olsen die sado-masochistischen Exzesse eines Politikers und es läuft einem kalt den Rücken hinunter.

Das Warten auf den zehnten (und wohl letzten) Fall für Carl Mørck wird schwer.