Rezension

62 years away from Gretchen

Stay away from Gretchen -

Stay away from Gretchen
von Susanne Abel

Bewertet mit 4.5 Sternen

Tom Monderath ist ein berühmter Fernsehmann, der sich nur für sich selbst interessiert. Mit Mitte vierzig lebt er allein in seiner teuren Eigentumswohnung in Köln mit Blick auf den Dom. Eines Tages erhält er einen Anruf aus einer Klinik - seine 84jährige Mutter Greta zeigt Anzeichen beginnender Demenz. Tom, der immer ein gespaltenes Verhältnis zu seiner scharfsinnigen, aber distanzierten Mutter hatte, fängt an, sich mehr um sie zu kümmern. Dabei stellt er fest, dass seine Familiengeschichte alles andere als das ist, was er zu wissen geglaubt hat, und er fängt an nachzuforschen. Bald erfährt er, dass Greta kurz nach dem Krieg in einen schwarzen GI verliebt war und er eine 20 Jahre ältere Halbschwester hat. Je mehr Tom nachforscht und in die Vergangenheit von Gretchen eintaucht, desto mehr erfährt er auch über sich und die Gegenwart.

Eigentlich ist das gar nicht mein Genre. Aber nachdem ich die Leseprobe gelesen hatte, wollte ich unbedingt mehr erfahren, und ich habe es nicht bereut. Dieses Buch ist ziemlich dick, aber ich habe mich keine Sekunde lang gelangweilt. Man erfährt etwas über die Zeit des 2. Weltkrieges, als Greta noch ein Mädchen war, über die unglaublich harte Nachkriegszeit, über Liebe und Ausgrenzung, über Hass, der auch nach Ende des Krieges weitertobt, über Rassismus und die Parallelen zwischen den Flüchtlingen von 1945 und 2015. Und man hat das Gefühl, dass sich die Menschheit einfach niemals weiterentwickelt. Im Gegensatz zu dem, was der Klappentext behauptet, erzählt Greta ihrem Sohn gar nichts, er muss sich alles selbst erarbeiten und zusammenreimen, während der Leser Rückblenden in die Zeit zwischen 1939 und 1953 erhält. Die Autorin hat hier ein berührendes Werk geschaffen, das noch lange nachhallen wird und lediglich für den kitschigen Schluss gibt es einen halben Punkt Abzug. 4,5/5 Punkten. 

Kommentare

FIRIEL kommentierte am 24. April 2021 um 11:54

Klingt gut; kommt auf meine Suchliste für die Bibliothek. Danke für den Tipp!

E-möbe kommentierte am 24. April 2021 um 12:21

Das ist eigentlich viel besser, als ich es hier darstellen konnte. Was ich schreibe, klingt so distanziert, aber das Buch ist alles andere als das, nimmt einen wirklich mit. Ich denke, es wird dir gefallen. 

FIRIEL kommentierte am 24. April 2021 um 14:39

Ich habe gerade nachgesehen: Meine Bib hat das Buch, aber nur im Präsenzbestand, nicht zum Ausleihen. Sich zum Lesen in die Bib zu setzen ist aber zurzeit nicht möglich. Na ja, irgendwann kommen das Buch und ich schon noch zusammen - und ist ja nicht so als hätte ich nicht noch weitere Lesewünsche, die ich leichter erfüllen kann.

wandagreen kommentierte am 21. Juli 2021 um 16:35

Oh, ein kitschiger Schluß: Das wird es dann sein, warum der DBuchP weit weg ist. Schade, hört sich richtig gut an sonst.

Emswashed kommentierte am 22. Juli 2021 um 09:36

Es wird echt höchste Zeit, dass es wieder Buchflohmärkte gibt!