Rezension

4x Bonnie, 0x Clyde

Wilde Freude
von Sorj Chalandon

Bewertet mit 4.5 Sternen

Vier Frauen, die am Ende sein könnten, treffen aufeinander. Doch statt aufzugeben, wollen sie es nochmal wissen! Sie schmieden einen gefährlichen Plan - um einer von ihnen ihr Kind zurückzubringen, wollen sie ein exklusives Juweliergeschäft überfallen: Brigitte, Assia, Melody und Jeanne schmieden einen Plan, der eigentlich nicht gelingen kann. Kommen sie dennoch damit durch? Und wenn ja, wie weit?

Können sie "nur" Leib und Leben retten oder werden sie reich? Trauen sie sich das überhaupt im Endeffekt?

Der französische Autor Sorj Chalandon spielt mit dem Sujet des Kämpfers der entrecheten, macht aus ihm den weiblichen Counterpart, der vor allem mit Gewitzheit und Einfallsreichtum punktet.

Erzählt wird aus der Perspektive von Jeanne, die als Letzte hinzukam, schwer gebeutelt. Erkrankt an Brustkrebs in fortgeschrittenem Stadium, wird sie nach jahrzehntelanger Ehe von ihrem Mann verlassen, der ihr Leiden nicht mit ansehen. Chalandon agiert quasi als Anwalt dieser Frauen: auch wenn sie Unrechtes tun, sind sie gewissermaßen im Recht bzw. sollen zu ihrem Recht kommen. Der Autor agiert hier gewissermaßen als Anwalt der vermeintlich schwachen. Er tut das mit Entschlossenheit und mit Humor, wobei er sich keinesfalls mit ihnen identifiziert bzw. aus ihnen spricht.

Ein wehrhaftes, kraftvolles, aber auch sensibles Buch, das den Leser bis zum Ende hin durch gewissen Wendungen überrascht. Werden die vier Bonnies möglicherweise durch ihren Erfolg erstarken? So viele Ideen ich hatte, Sorj Chalandon konterte mich jedesmal aus, trieb es tollkühner als ich es mir vorstellen konnte. Aber auch milde und weise - auf eine gewisse Art. Wer originelle, freche Literatur mag, ist hiermit gut beraten.